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Wozu ‘ne Checkliste? Hab‘ ich doch alles im Kopf …

Nahetal Arena 2019 (Archivfoto © Franz Josef Winkel)

Die ersten Live-Auftritte nach Corona …

Ach tut das gut – es geht wieder los. Gerade liegt das zweite Open Air Konzert nach der Corona-Pause hinter uns. Und man spürt es: das Publikum ist regelrecht ausgehungert. Alle wollen raus, wollen wieder gute handgemachte Musik hören. Und wir Musiker müssen auf die Bühne. Auch wenn aktuell am Schluss deutlich weniger übrig bleibt als vor COVID-19: Es ist einfach klasse, wieder das zu tun dürfen, was wir am liebsten machen: Unseren Fans einen zauberhaften Abend mit professioneller Unterhaltung zu bieten und ihnen so manchen Gänsehaut-Moment zu verschaffen.

Endlich hat der Lockdown ein Ende

Nach fast viermonatiger, Corona-bedingter Pause habe ich mit einer meiner Bands gerade wieder die ersten Open Air Konzerte gegeben. Was für ein Gefühl?! Zwar musste die Besucherzahl drastisch reduziert werden, Bewegungseinschränkung und Hygieneregeln drückten ein wenig die Stimmung.

Allerdings haben die Veranstalter viel Mühe und Ideen in die Konzeption einfacher und verständlicher Abläufe gesteckt, um den Konzertbetrieb wieder zu ermöglichen. Großartig.

Mühlenrock Simmertal 2020 / © Mühlenrock Simmertal

Ach du Schreck

Doch als wir gestern Abend an der großen Bühne des Mühlenrock Kultursommers 2020 in Simmertal eintrafen, war es passiert: Das Bühnen Outfit eines/r unserer Lead Vocals fehlte. Es lag zuhause und damit viel zu weit weg, um mal kurz zurück zu fahren oder eine/n Fahrer/in loszuschicken.

Natürlich haben wir am Schluss eine Lösung gefunden. Ironischerweise brachte mich das jedoch auf den Gedanken einen Artikel darüber zu schreiben …

Die Eile vor der Abfahrt

Kurz vor der Fahrt zum Konzert. Man ist wieder spät dran. Alles eingepackt? Nichts vergessen? Egal. Klappt schon irgendwie. Am Ziel angekommen vermisst man dann eine Kleinigkeit, deren Fehlen entweder nur ärgerlich ist oder die unter Umständen die ganze Show gefährden kann.

Vielleicht ist man Hunderte von Kilometern für dieses eine Konzert gefahren. Aber das heimische Ersatzteillager, der Kleiderschrank und der Proberaum sind weit weg. Es ist Wochenende und die Geschäfte haben geschlossen. Ersatz ist schwierig bis gar nicht aufzutreiben , doch der Zeitpunkt der Saalöffnung rückt erbarmungslos näher.

„Doch wozu ‘ne Checkliste? Hab‘ ich doch alles im Kopf!?“

Zwar sind wir Musiker grandiose Experten beim Thema „Improvisieren“. Aber manchmal lohnt es sich, den Spezialisten anderer Branchen über die Schulter zu schauen: Der Makler macht’s, der Heizungs- und Automonteur macht’s. Auch Piloten machen es – alle benutzen eine Checkliste: Der Erste zur Begutachtung einer Wohnung, der Zweite bei Durchführung der Jahresinspektion und der Dritte vor jedem Flug. Denn nichts ist gefährlicher als Routine.

Jeder macht seine eigene …

Muster-Checklisten gibt es viele. Aber besser, man legt seine eigene an. Meine beginnt beispielsweise mit so einfachen Dingen wie Location und Datum des Konzerts, den Namen und der Telefonnummern der Ansprechpartner vor Ort (Clubmanager & Haustechniker) sowie mit einer Zeile, in der besondere Absprachen und spezielles Equipment für den betreffenden Gig festgehalten werden.

Danach folgen verschiedene Abschnitte wie „Vorbereitungsphase“ (Dinge, die man zweckmäßigerweise ein paar Tage vor der Abfahrt erledigt), „Ladephase“ (was nehme ich dieses Mal mit, was lasse ich weg) und „Dokumentation“ (z. B. die GEMA Liste und zwei Ausdrucke des Programms mit Hinweisen für den Licht- und den Tontechniker. Bei Konzerten in der Schweiz oder England: Carnet und gültiger Reisepass).

Die Liste wächst

Meine Liste ist sukzessive gewachsen. Ab und zu fliegt was raus oder es kommt was Neues dazu. Wie z.B. der Abschnitt „Ablaufplan“ mit Entfernungsangabe und Zeiten von Abfahrt, Aufbaubeginn, Soundcheck, Saalöffnung und Konzertbeginn. Mein jüngster Abschnitt ist die „Nachbereitungsphase“ mit Fragen wie:

  • Eigenes Feedback / Manöverkritik: Was war gut, was war schlecht?
  • .
  • Feedback des Veranstalters: Was war gut, was war schlecht?
  • .
  • Ist die Bezahlung geregelt?
  • .
  • Wie stehen die Chancen für einen Folge-Gig?
  • .
  • Welche Zusagen wurden von uns gemacht? (Action Points nach dem Auftritt)
  • .
  • Was wird nicht benötigt und kann das nächste Mal zuhause bleiben? Was fehlt?
  • .
  • Was ging kaputt und muss vor dem nächsten Konzert repariert oder (Ersatz) besorgt werden?

Die Liste macht kreativ

Dieser „wenige Fragen Abschnitt“ führte bei einer meiner Bands schon zu der Erkenntnis, dass es gut sei, einen Power- oder Drehstromsplitter zur Hand zu haben und einen kompakten Radiallüfter mitzunehmen, der – nicht nur bei sommerlichen Temperaturen – vor einem Hitzschlag auf den oft schlecht belüfteten, aber extrem heißen Bühnen schützt (im letzten Jahr haben wir bei einem Konzert in einem angesagten Frankfurter Club sage-und-schreibe satte 42 Grad Celsius gemessen).

Radiallüfter und Case / © Chris Hinz

Oder ein anderer Fall: Die Bühne ist hoch, eine Leiter gibt’s nicht und irgendwie muss das Banner gespannt werden. Was wir uns bei einer anderen Band abgeschaut haben: Ein ausziehbarer Teleskop-Besenstiel mit gebohrtem Loch in der Spitze, dort wird ein Theater- oder C-Haken mit Schraube hineingesteckt, daran ein Spannband – und flugs hängt das Banner problemlos an den vier Meter hohen Lichttraversen.

Nach einschlägigen Erlebnissen sind ein Signalgeber (um einzelne Kanäle durchzuhören), ein Kabeltester sowie ein Dreikantschlüssel (zum temporären Entfernen der rot-weißen Absperrpfosten vor den Locations) dazu gekommen.

Kabeltester, Signalgeber, Dreikantschlüssel / © Chris Hinz

Ein starker LED Strahler, dessen Akku auch schon mal als Powerbank für die ständig leeren Smartphones der Musiker herhalten muss, hilft beim Abbau, die während der Show weg geflogenen Kleinteile auf der dunklen Bühne wieder zu finden. Nimmt alles nicht viel Platz weg, ist aber ungemein praktisch und garantiert manch schnelles Erfolgserlebnis.

LED Leuchte mit Powerbank / © Chris Hinz

Transport- und Verpackungsfragen

Wo wir schon mal bei der Checkliste sind: Wie habt Ihr Euer Equipment verpackt? Ehrlich gesagt, bekomme ich immer die Krise, wenn Musiker ihre Kabel, Pedale, Effektgeräte, Netzteile und manch empfindlichere Teile wie z. B. Tablets in halboffenen Sporttaschen transportieren.

Die Lösung: Ein einfaches Standard Case mit den Maßen 60 x 40 x 40 cm: Es kostet weniger als 90 Euro und ist ideal, um den ganzen Kleinkram aufzunehmen, den Inhalt zu schützen, sicher zu transportieren und den ganzen Krempel mit einem einzigen Gang vom Kofferraum auf die Bühne zu tragen. Und dient dort als Ablage für Gitarrenamps, Laptops oder andere Geräte.

Flight Cases für jeden Bedarf / © Chris Hinz

Hardcases sind „State of the Art“

Auch die von vielen Herstellern angebotenen Softbags zum Transportieren von Gitarren, Bässen und Keyboards sind mir ein Gräuel – denn eigentlich sind sie nichts anderes als eine Wolldecke mit Reißverschluss. Wenn man damit irgendwo hängen bleibt, hat das Gerät eine fette Beule oder der Kopf eines Reglers ist abgerissen. Das tut schon fast körperlich weh und der dadurch entstandene Schaden ist oft nur schwer und/oder kostspielig zu beheben.

Meine Lernkurve aus vielen Jahren „on the road“: Die Investition in Hardcases ist auf Dauer preisgünstiger als jede Instrumentenversicherung. Aber das wäre schon wieder ein Titel für einen anderen Beitrag.

Welche Erfahrungen habt Ihr mit Checklisten gemacht? Welche Tipps habt Ihr für Eure Musikerkollegen, wenn die Konzerte jetzt so langsam wieder anlaufen? Schreibt´s mir – wie immer – unten in die Kommentare

Chris Hinz
Chris Hinz verfügt über eine 6-jährige klassische Ausbildung am Piano und eine 3-jährige Ausbildung an der Sakralorgel. Er ist seit mehreren Jahrzehnten in der Musikszene Rhein Main aktiv und aktuell mit zwei Coverbands und einem Smooth Jazz Duo unterwegs. Chris Hinz ist freiberuflicher Unternehmensberater und war lange Zeit für ein namhaftes IT Unternehmen tätig.

2 Kommentare

  1. Herzlichen Dank für Dein Feedback, Jörg. In der Tat: Unsere Werkzeugkiste ist auch prall gefüllt, wobei Batterien das meistgefragte Utensil sind (vorrangig für IEM Bodypacks). Deine Idee mit dem Mini-Mixer ist pfiffig: Die Backline bereits abzubauen, aber die Gäste trotzdem noch mit Musik zu unterhalten, ist gelebte Kundenorientierung und belegt, dass Du in der Lage bist, um den virtuellen Tisch herumzugehen und die Perspektive des Auftraggebers einzunehmen. Klasse.

  2. Checklisten sind das A und O. Neben Adaptern und Standardwerkzeug ist ein persönlicher- oder Bandkoffer nie schlecht, in dem beispielsweise auch ein Multimeter, div. USB Kabel und die üblichen Batterien sind. Ich habe immer gerne ein Kleinmischpult wie z.B. das https://www.thomann.de/de/mackie_mix8.htm?partner_id=19867 mit , da kann man schon Musik auf die PA geben, sobald diese steht und während des Abbaus ebenso. Hauptpult und Bühne können abgebaut werden, Musik läuft.

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