Manchmal nicht so einfach zu lokalisieren: unangenehme Feedbacks / © ThoseWhoDream für Pixabay
Dieser Artikel ist entstanden mit freundlicher Unterstützung von Johannes Komarek von www.mix4munich.de
Die meisten von uns haben es selbst auf Konzerten erlebt: Die Band kommt auf die Bühne, will loslegen, und es entsteht eine schrille Rückkopplung bzw. Feedback . Wenn die Band das nicht gleich wieder in den Griff bekommt, ist das schlecht für die Show …
Das Fiepen nehmen wir als sehr unangenehm wahr. Im schlimmsten Fall ist die Atmosphäre kaputt. Gerade als Musiker bekommst du Rückkopplungen noch direkter und heftiger mit. Wir haben mit Maurice , Sänger der Aachener Band Liger , und Sänger und Gitarrist Jesse Garon von der Hamburger Band Sloppy Joe’s gesprochen. Sie geben praktische Tipps aus ihrem Bandalltag und sagen euch, was ihr beachten solltet, um Rückkopplungen zu vermeiden.
Rückkopplungen – alles andere als positives Feedback
Der Klassiker: das ungewollte Pfeifen entsteht, wenn ein Mikrofon das pegelintensivere Signal aus einer Monitorbox einfängt. Es ausgibt, erneut einfängt und ausgibt usw. Diese Schleife schaukelt sich hoch, wird schnell laut und neeervt! Praktisch sieht das dann so aus:
Dazu Jesse Garon von Sloppy Joe’s:
„Eine Feedbackschleife entsteht, wenn über die Gesangsmikrofone Sounds widergespiegelt werden. Also nicht der nur der Gesang, sondern zum Beispiel der Gitarrenamp, der dann übers Gesangsmikro kommt. Oder wenn das Schlagzeug oder die Gitarre übers Mikro mitgekoppelt werden. Wenn das über die PA rausgeht, kann dadurch so eine Art Schleife entstehen.“
Anders gesagt: Mikrofone nehmen ein Signal auf, das über PA und Monitore verstärkt wird. Das verstärkte Signal geht zurück zum Mikro, wird wieder aufgenommen, und so weiter. Deswegen sagen wir auch Feedbackschleife – aber wir müssen technisch unterscheiden:
- Die Verstärkung des Signals vom Mikro über Mischpult und die Endstufe zu den Boxen ist eine Vorwärtsverstärkung.
- Das Leiserwerden des Signals von der Box zurück zum Mikro (oft über Wände reflektiert) ist eine Rückwärtsdämpfung. Zur Rückwärtsdämpfung trägt bei, dass das Mikro eine Richtcharakteristik hat und man die unempfindliche Seite des Mikros der Monitorbox zuwendet.
Eine Feedbackschleife entsteht also, wenn die Vorwärtsverstärkung höher ist als die Rückwärtsdämpfung.
Mit einem Noise Gate könnt ihr aufkommende Rückkopplungen vermeiden.
Achtung: Wenn andere Signale von der Bühne das Noise Gate öffnen, würden diese Signale das Aufschwingen ermöglichen und dadurch das Feedback (mit) auslösen. Mutet alle offenen Mikros, die gerade nicht gebraucht werden, oder verwendet seperate Noise-Gate-Fußschalterboxen . Damit könnt ihr Rückkopplungen vermeiden.
Rückkopplungen können auch bei Profis auftreten. Sloppy Joe’s und Liger wissen aber durch jahrelanges Üben im Proberaum und zahlreiche Live-Auftritte inzwischen, wie sie Rückkopplungen vermeiden. Das ist wichtig. Für euer Gehör und auch damit euer Equipment keinen Schaden nimmt. Bei Lautsprechern kann die Spule im Inneren zu heiß werden oder gegen das Gehäuse schlagen und dadurch kaputtgehen.
So verhindert ihr das nervige Fiepen auf der Bühne und im Proberaum:
5 Tipps, wie ihr Feedbacks im Proberaum und auf der Bühne vermeidet
1. Lautstärke – macht alles so leise wie möglich
Klingt paradox. Vor allem, wenn ihr euch lauter Rockmusik verschrieben habt. Und gerade auch bei Anfängern, die einfach ungestüm loslegen wollen. Weniger Lautstärke kommt langfristig aber sowohl euch als Band als auch euren Ohren zugute.
Jesse empfiehlt:
„Macht beim Proben und beim Soundcheck die Instrumente leiser. Reißt die Amps nicht voll auf, weil ihr so laut wie möglich sein wollt. Erstens hört man sich selbst dann nicht mehr so gut und zweitens erzeugt genau das schnell Feedbacks. Auf der Bühne ist es dasselbe Szenario, wenn die Amps zu laut sind. Das muss nicht sein, wenn die sowieso mikrofoniert werden. Also einfach ein bisschen leiser spielen ist wirklich hilfreich. Ist nicht cool, ich weiß, aber später zahlt sich das aus, wenn man sein Gehör dadurch ein bisschen schützt.“
Und Maurice von Liger ergänzend:
„Immer mit Bedacht rangehen und am Anfang nur leicht pegeln. Also erst mal leise starten und dann langsam hochdrehen. Bloß nicht alles bis zum Anschlag aufdrehen, um zu gucken, ob da irgendwo noch was leise schlummert. Dadurch habe ich mal einen leichten Hörsturz erlitten. Deshalb: Nicht Hauptsache laut, sondern findet eine gute Kombination. Gerade so, dass Ihr alles gut raushören könnt, die Ohren aber heile bleiben.“
Jesse:
„Einen Bass-Verstärker muss man auch nicht laut machen. Den kann man übers DI-Out per DI-Box direkt ins Mischpult schicken. Also die minimale Lautstärkegrenze nutzen. Das ist die perfekte Situation, um Feedbacks auf der Bühne zu vermeiden. Deswegen ist bei vielen Bands auch meist so eine Plexiglaskabine um das Schlagzeug rum. Damit die Zischlaute der Becken nicht so streuen und nicht über die Gesangsmikrofone rausgehen, was auch gerne zu Feedback führen kann.“
2. Setup: Beachtet die Ausrichtung von Monitorboxen und Mikrofonen
Neben der Lautstärke kann auch eure Aufstellung, also die Richtung eurer Mikrofone und Monitorboxen bereits im Vorfeld Rückkopplungen vermeiden. Das hat damit zu tun, wie sich Schall im Raum ausbreitet. Und wie eure Mikrofone die Signale einfangen (Richtcharakteristik).
Maurice erzählt:
„Was bei unseren Auftritten typisch war und weil wir es so gewohnt waren: Man stellt die Box hinter sich auf den Boden und spielt dann. Das heißt, die Boxen standen so, dass die auf Knie- oder Hüfthöhe von hinten gestrahlt haben, was keinen Sinn macht. Dadurch hat der Gitarrist immer lauter gedreht, weil er sich nicht gehört hat. Dadurch hat sich der Bassist immer lauter gedreht, weil er sich nicht gehört hat, und irgendwann hört man auch die Stimme nicht mehr. Deshalb nutzen wir jetzt Stative, wo man die Boxen leicht angeschrägt draufstellt. Dann strahlen sie nach oben, sodass man davon was hört. Dreht sie am besten auch ein bisschen ein, damit jeder einen Teil davon mit abbekommt, ohne dass man total laut drehen muss.“
Positioniert euch am besten im Proberaum gleich so wie später auf der Bühne. Dann seid ihr mit dem Aufbau besser vertraut.
Maurice:
„Wir haben unsere Backline im Proberaum so aufgebaut, als würden wir auf der Bühne stehen. Da bringt es dann viel, die Boxen links und rechts zu positionieren. Und ein bisschen einzudrehen, sodass sie von der Seite einstreuen und nicht von hinten in die Gesangsmikrofone. Zu Konzerten nehmen wir beides mit, wenn wir nicht mit In-Ear-Monitoring spielen können.“
2.1 Ich glaube mein Mikrofon pfeift! Was die Richtcharakteristik damit zu tun hat
Ihr habt bestimmt schon beobachtet, dass das Mikro zu pfeifen anfängt, wenn es sich dem Lautsprecher nähert. Ob und wie stark ein Gesangsmikro ein Signal einfängt, liegt auch an seiner Richtcharakteristik. Das ist die Richtung, in die es empfindlich ist, quasi „hört“. Zeigt beispielsweise seine unempfindlichere Seite zur Monitorbox, ist es weniger anfällig für Feedbacks. Lest dazu auch unseren Artikel: Mikrofongrundlagen: Richtcharakteristik
Dazu Jesse:
„Das hängt auch so ein bisschen davon ab, ob das Mikrofon wirklich in der Lage ist, ein Signal neutral durchzuschleifen, also keine sonderlichen Überhöhungen im Frequenzgang hat. Da sind Mikros wirklich unterschiedlich, und da muss man auch einfach Mikro für Mikro ausprobieren. Das Beste ist, nach Möglichkeit ein bisschen verschiedene Mikrofone durchzuprobieren, bis es passt.“
2.2 Raumakustik – auch Teppiche können schwitzen
Ihr beherzigt bereits die Lautstärke, euer Setup (Einstellungen) und die Position zueinander und es fiept trotzdem noch? Denkt immer daran, dass sich der Schall eines Signals auch im Raum an Gegenständen oder Wänden brechen kann, analog zu Raumsituationen. Um die Reflexionen zu brechen, könnt ihr Absorber nutzen.
Maurice beschreibt die Raumsituation:
„Wir hatten unseren Proberaum (eine ehemalige Küche) komplett mit Teppichen abgehangen – vom Fußboden und an jeder Wand, um den Schall so gut es geht zu brechen. Später dann eine Wand mit Schaumstoff, eine mit Teppich, eine freiliegend. Doch dann war der Raum tot, denn es gab gar keinen Schall mehr. Heute haben wir OSB auf dem Boden, vereinzelt Teppiche und Schallbrecher an den richtigen Stellen. Findet da einen Mittelweg. Und Achtung: Wenn man probt, bewegt man sich viel (hohe Luftfeuchtigkeit). Wenn dann nicht direkt ein Fenster in der Nähe ist, werden Proberäume schnell schmuddelig. Wir haben unser Banner ruiniert, weil es dahinter geschimmelt hat.“
Jesse zur Rückkopplung:
„Das Koppeln zwischen Monitorbox und Gesangsmikrofon ist die klassische und unangenehmste Situation. Das hängt häufig auch von den Locations ab, in denen man spielt. Also mal gibt es welche, die haben eine sehr hohe Decke. Dann gibt es welche, da ist die Decke ein bisschen flacher. Oder es gibt Fenster oder die Wände sind aus Stein. Diese Flächen reflektieren den Schall manchmal kräftig. Übrigens oft noch am stärksten bei sowieso feedback-gefährdeten Frequenzen. Das kann dazu führen, dass bestimmte Frequenzen ganz, ganz sensibel reagieren.“
3. Zähmt die störenden Frequenzen mit dem Equalizer
Bestimmte Frequenzen können feedbackfreudiger sein als andere. Auf der Bühne steht euch beim Soundcheck ein Tontechniker zur Seite, der die Tonhöhen kontrolliert. Im Proberaum könnt ihr einen Equalizer auf den Raum optimiert einstellen.
Zum Fiepen erklärt uns Jesse:
„Wenn man versucht, das Fiepen in den Griff zu kriegen, macht es Sinn, am Equalizer genau zu gucken. Also die einzelnen Bänder mal durchzusehen, hoch und runter zu ziehen. Schaut, wo es dann am stärksten fiept. Zieht dieses Band dann einfach ein bisschen raus. Der Frequenzgang des Gesangsmikrofons geht ja auch durch die PA raus, hängt vielleicht an einem Mischpult oder da ist ein Equalizer zwischen. Da kann man dann für das Mikrofon letztendlich auch so ein bisschen die Frequenzen variieren. Oft tut´s bei zwei bis vier Kilohertz am meisten weh.“
Eine weitere Methode, Rückkopplungen zu zähmen:
- Mix und Monitormix aufbauen
- lauter machen, bis das Feedback beginnt
- mit einem RTA (Real Time Analyzer) die koppelnden Frequenzen ermitteln und sie dann per EQ zähmen. Der EQ kann ein graphischer sein, besser allerdings ist parametrisch.
- weiter den Pegel erhöhen, bis es bei der nächsten Frequenz pfeift, und dort wiederholen. So könnt ihr das Feedback um einige dB zurückdrängen.
4. Schaut auf eure Monitoring-Lösung – Monitorboxen vs. In-Ear-Monitoring
Wenn doch gerade das Zusammenspiel zwischen Gesangsmikrofon und Monitorbox Feedbacks erzeugen kann, wäre es dann nicht sinnvoll, auf Monitorboxen zu verzichten? Jein! Das ist zum einen eine Kostenfrage. Die andere Frage ist, ob sich die Tontechniker damit auskennen. Sloppy Joe’s sind ein Trio mit Gesang und Gitarre, Schlagzeug, Bass, das am liebsten mit In-Ear-Monitoring arbeitet, wenn´s geht. Liger sind ein Quartett mit Gesang, Schlagzeug, Bass und Gitarre, das ausschließlich Monitorboxen nutzt.
Monitorboxen
Maurice:
„Beim In-Ear-Monitoring hält uns zurück, dass die Live-Branche, vor allem die Clubs in der Größe, in der wir spielen, nicht dafür gemacht sind. Also: dass manche Techniker in Sachen InEar nicht so versiert sind oder keine Ausnahmeregelung machen wollen. Aber sie können alle mit Monitorboxen arbeiten und kennen die Gegebenheiten vor Ort. Deshalb nutzen wir lieber Monitorboxen. Übt und probt im Proberaum genauso, was ihr auch auf der Bühne macht. Dann seid ihr mit den Monitorboxen bestens vertraut und es gibt euch Sicherheit bei Auftritten.“
InEar-Monitoring
Jesse:
„Wir haben In-Ear-Monitoring schon seit zwölf Jahren. Das sieht so aus, dass wir uns auch im Proberaum das Signal auf die Ohren schicken. Man hört im Proberaum also wirklich nur das Schlagzeug. Das ist für uns die perfekte Situation, weil wir so auch ganz genau hören, was wir spielen. Es ist wichtig, auch einfach Qualität abzuliefern und perfekt zu sein. Das muss schon im Proberaum losgehen. Sonst gibt es ein böses Erwachen auf der Bühne.“
5. Lasst euch nicht aus der Ruhe bringen – Akutsituation auf der Bühne
Auch wenn Liger und Sloppy Joe’s inzwischen sehr viel Live- und Proberaumerfahrung haben und wissen, wie sie Feedbacks vermeiden, passiert es schon manchmal – der Worst Case tritt ein: Feeedback! Doch auch wenn’s ganz dicke kommt, versucht souverän zu bleiben.
Jesse:
„Das einschneidendste Erlebnis hatte ich beim Release Konzert 2016 in Hamburg vor ausverkauftem Haus. Der Haustechniker vor Ort hat schon beim Soundcheck ein so krasses Feedback bei mir erzeugt, dass ich fast einen Hörsturz bekommen habe. Und es hat knapp zwei Stunden gedauert, bis wir dieses Fiepen rausbekommen haben. Leider ging es dann zu Beginn der Show wieder los. Das hat uns die ersten drei, vier Songs komplett ruiniert. Das Bittere dabei ist dieser Piepton. Den nimmt man ja hauptsächlich über die Monitorwege wahr.“
„Das Publikum bekommt das eventuell gar nicht wirklich mit und fragt sich nur: Was macht denn der Typ da oben? Es macht auch keinen Spaß zu singen und die ganze Zeit das Piepen auf dem Ohr zu haben. Denn sobald ich gesungen habe, ist das Feedback entstanden. Aber durch so etwas darf man sich niemals aus der Ruhe bringen lassen. Immer souverän die Show zu Ende zu spielen, auch wenn man technische Probleme hat. Ich versuche dann häufig den Tontechniker per Zeichensprache darauf aufmerksam zu machen, dass ich Probleme habe, und hoffe, dass er weiß, was er tut, und das Problem löst.“
Fazit: Dranbleiben!
Wir haben euch jetzt viele praktische Tipps mit an die Hand gegeben, wie ihr Feedbacks vermeiden könnt. Doch auch wenn´s nicht sofort klappt, lasst euch nicht entmutigen! Probiert die verschiedenen Möglichkeiten aus, experimentiert mit den Einstellungen bis ihr die richtigen gefunden habt! Sowohl bei Sloppy Joe’s als auch bei Liger hat es Jahre gedauert, bis sie die ideale Einstellung für ihren Sound gefunden haben.
Maurice dazu:
„Wir haben fast sieben Jahre im Proberaum gebraucht, bis wir da den Sound so hatten, dass man auch alles raushört. Was ich euch für Live-Auftritte noch mit auf den Weg geben kann: Schreibt so viele Infos wie möglich in den Techrider oder Technical Rider . Die professionellen Tontechniker vor Ort lesen den Techrider vorher. Sie wissen, worauf es ankommt und was eure Anforderungen sind, und müssen das nicht direkt vor Ort machen. Versucht euch in die Situation des Technikers reinzuversetzen und es ihm so einfach wie möglich machen.“
Neben den Feedbacks können auch noch andere Störgeräusche wie Brummschleifen auftreten, die ihr jedoch mit DI- bzw. Symmetrier-Boxen gut in den Griff bekommt. Das Beste: Es gibt für die meisten Szenarien standardisierte Lösungen, sodass eurer Spielfreude kaum noch was im Weg steht …
Welche Erfahrungen habt ihr mit Feebacks und Brummschleifen gemacht? Habt ihr Tipps was man noch machen kann um sie schnell zu unterbinden? Schreibt´s einfach unten in die Kommentare.
Dieser Beitrag wurde das erste Mal im Juli 2022 auf IMG Stageline veröffentlicht.
Manchmal nicht so einfach zu lokalisieren: unangenehme Feedbacks / © ThoseWhoDream für Pixabay
Dieser Artikel ist entstanden mit freundlicher Unterstützung von Johannes Komarek von www.mix4munich.de
Die meisten von uns haben es selbst auf Konzerten erlebt: Die Band kommt auf die Bühne, will loslegen, und es entsteht eine schrille Rückkopplung bzw. Feedback . Wenn die Band das nicht gleich wieder in den Griff bekommt, ist das schlecht für die Show …
Das Fiepen nehmen wir als sehr unangenehm wahr. Im schlimmsten Fall ist die Atmosphäre kaputt. Gerade als Musiker bekommst du Rückkopplungen noch direkter und heftiger mit. Wir haben mit Maurice , Sänger der Aachener Band Liger , und Sänger und Gitarrist Jesse Garon von der Hamburger Band Sloppy Joe’s gesprochen. Sie geben praktische Tipps aus ihrem Bandalltag und sagen euch, was ihr beachten solltet, um Rückkopplungen zu vermeiden.
Rückkopplungen – alles andere als positives Feedback
Der Klassiker: das ungewollte Pfeifen entsteht, wenn ein Mikrofon das pegelintensivere Signal aus einer Monitorbox einfängt. Es ausgibt, erneut einfängt und ausgibt usw. Diese Schleife schaukelt sich hoch, wird schnell laut und neeervt! Praktisch sieht das dann so aus:
Dazu Jesse Garon von Sloppy Joe’s:
„Eine Feedbackschleife entsteht, wenn über die Gesangsmikrofone Sounds widergespiegelt werden. Also nicht der nur der Gesang, sondern zum Beispiel der Gitarrenamp, der dann übers Gesangsmikro kommt. Oder wenn das Schlagzeug oder die Gitarre übers Mikro mitgekoppelt werden. Wenn das über die PA rausgeht, kann dadurch so eine Art Schleife entstehen.“
Anders gesagt: Mikrofone nehmen ein Signal auf, das über PA und Monitore verstärkt wird. Das verstärkte Signal geht zurück zum Mikro, wird wieder aufgenommen, und so weiter. Deswegen sagen wir auch Feedbackschleife – aber wir müssen technisch unterscheiden:
- Die Verstärkung des Signals vom Mikro über Mischpult und die Endstufe zu den Boxen ist eine Vorwärtsverstärkung.
- Das Leiserwerden des Signals von der Box zurück zum Mikro (oft über Wände reflektiert) ist eine Rückwärtsdämpfung. Zur Rückwärtsdämpfung trägt bei, dass das Mikro eine Richtcharakteristik hat und man die unempfindliche Seite des Mikros der Monitorbox zuwendet.
Eine Feedbackschleife entsteht also, wenn die Vorwärtsverstärkung höher ist als die Rückwärtsdämpfung.
Mit einem Noise Gate könnt ihr aufkommende Rückkopplungen vermeiden.
Achtung: Wenn andere Signale von der Bühne das Noise Gate öffnen, würden diese Signale das Aufschwingen ermöglichen und dadurch das Feedback (mit) auslösen. Mutet alle offenen Mikros, die gerade nicht gebraucht werden, oder verwendet seperate Noise-Gate-Fußschalterboxen . Damit könnt ihr Rückkopplungen vermeiden.
Rückkopplungen können auch bei Profis auftreten. Sloppy Joe’s und Liger wissen aber durch jahrelanges Üben im Proberaum und zahlreiche Live-Auftritte inzwischen, wie sie Rückkopplungen vermeiden. Das ist wichtig. Für euer Gehör und auch damit euer Equipment keinen Schaden nimmt. Bei Lautsprechern kann die Spule im Inneren zu heiß werden oder gegen das Gehäuse schlagen und dadurch kaputtgehen.
So verhindert ihr das nervige Fiepen auf der Bühne und im Proberaum:
5 Tipps, wie ihr Feedbacks im Proberaum und auf der Bühne vermeidet
1. Lautstärke – macht alles so leise wie möglich
Klingt paradox. Vor allem, wenn ihr euch lauter Rockmusik verschrieben habt. Und gerade auch bei Anfängern, die einfach ungestüm loslegen wollen. Weniger Lautstärke kommt langfristig aber sowohl euch als Band als auch euren Ohren zugute.
Jesse empfiehlt:
„Macht beim Proben und beim Soundcheck die Instrumente leiser. Reißt die Amps nicht voll auf, weil ihr so laut wie möglich sein wollt. Erstens hört man sich selbst dann nicht mehr so gut und zweitens erzeugt genau das schnell Feedbacks. Auf der Bühne ist es dasselbe Szenario, wenn die Amps zu laut sind. Das muss nicht sein, wenn die sowieso mikrofoniert werden. Also einfach ein bisschen leiser spielen ist wirklich hilfreich. Ist nicht cool, ich weiß, aber später zahlt sich das aus, wenn man sein Gehör dadurch ein bisschen schützt.“
Und Maurice von Liger ergänzend:
„Immer mit Bedacht rangehen und am Anfang nur leicht pegeln. Also erst mal leise starten und dann langsam hochdrehen. Bloß nicht alles bis zum Anschlag aufdrehen, um zu gucken, ob da irgendwo noch was leise schlummert. Dadurch habe ich mal einen leichten Hörsturz erlitten. Deshalb: Nicht Hauptsache laut, sondern findet eine gute Kombination. Gerade so, dass Ihr alles gut raushören könnt, die Ohren aber heile bleiben.“
Jesse:
„Einen Bass-Verstärker muss man auch nicht laut machen. Den kann man übers DI-Out per DI-Box direkt ins Mischpult schicken. Also die minimale Lautstärkegrenze nutzen. Das ist die perfekte Situation, um Feedbacks auf der Bühne zu vermeiden. Deswegen ist bei vielen Bands auch meist so eine Plexiglaskabine um das Schlagzeug rum. Damit die Zischlaute der Becken nicht so streuen und nicht über die Gesangsmikrofone rausgehen, was auch gerne zu Feedback führen kann.“
2. Setup: Beachtet die Ausrichtung von Monitorboxen und Mikrofonen
Neben der Lautstärke kann auch eure Aufstellung, also die Richtung eurer Mikrofone und Monitorboxen bereits im Vorfeld Rückkopplungen vermeiden. Das hat damit zu tun, wie sich Schall im Raum ausbreitet. Und wie eure Mikrofone die Signale einfangen (Richtcharakteristik).
Maurice erzählt:
„Was bei unseren Auftritten typisch war und weil wir es so gewohnt waren: Man stellt die Box hinter sich auf den Boden und spielt dann. Das heißt, die Boxen standen so, dass die auf Knie- oder Hüfthöhe von hinten gestrahlt haben, was keinen Sinn macht. Dadurch hat der Gitarrist immer lauter gedreht, weil er sich nicht gehört hat. Dadurch hat sich der Bassist immer lauter gedreht, weil er sich nicht gehört hat, und irgendwann hört man auch die Stimme nicht mehr. Deshalb nutzen wir jetzt Stative, wo man die Boxen leicht angeschrägt draufstellt. Dann strahlen sie nach oben, sodass man davon was hört. Dreht sie am besten auch ein bisschen ein, damit jeder einen Teil davon mit abbekommt, ohne dass man total laut drehen muss.“
Positioniert euch am besten im Proberaum gleich so wie später auf der Bühne. Dann seid ihr mit dem Aufbau besser vertraut.
Maurice:
„Wir haben unsere Backline im Proberaum so aufgebaut, als würden wir auf der Bühne stehen. Da bringt es dann viel, die Boxen links und rechts zu positionieren. Und ein bisschen einzudrehen, sodass sie von der Seite einstreuen und nicht von hinten in die Gesangsmikrofone. Zu Konzerten nehmen wir beides mit, wenn wir nicht mit In-Ear-Monitoring spielen können.“
2.1 Ich glaube mein Mikrofon pfeift! Was die Richtcharakteristik damit zu tun hat
Ihr habt bestimmt schon beobachtet, dass das Mikro zu pfeifen anfängt, wenn es sich dem Lautsprecher nähert. Ob und wie stark ein Gesangsmikro ein Signal einfängt, liegt auch an seiner Richtcharakteristik. Das ist die Richtung, in die es empfindlich ist, quasi „hört“. Zeigt beispielsweise seine unempfindlichere Seite zur Monitorbox, ist es weniger anfällig für Feedbacks. Lest dazu auch unseren Artikel: Mikrofongrundlagen: Richtcharakteristik
Dazu Jesse:
„Das hängt auch so ein bisschen davon ab, ob das Mikrofon wirklich in der Lage ist, ein Signal neutral durchzuschleifen, also keine sonderlichen Überhöhungen im Frequenzgang hat. Da sind Mikros wirklich unterschiedlich, und da muss man auch einfach Mikro für Mikro ausprobieren. Das Beste ist, nach Möglichkeit ein bisschen verschiedene Mikrofone durchzuprobieren, bis es passt.“
2.2 Raumakustik – auch Teppiche können schwitzen
Ihr beherzigt bereits die Lautstärke, euer Setup (Einstellungen) und die Position zueinander und es fiept trotzdem noch? Denkt immer daran, dass sich der Schall eines Signals auch im Raum an Gegenständen oder Wänden brechen kann, analog zu Raumsituationen. Um die Reflexionen zu brechen, könnt ihr Absorber nutzen.
Maurice beschreibt die Raumsituation:
„Wir hatten unseren Proberaum (eine ehemalige Küche) komplett mit Teppichen abgehangen – vom Fußboden und an jeder Wand, um den Schall so gut es geht zu brechen. Später dann eine Wand mit Schaumstoff, eine mit Teppich, eine freiliegend. Doch dann war der Raum tot, denn es gab gar keinen Schall mehr. Heute haben wir OSB auf dem Boden, vereinzelt Teppiche und Schallbrecher an den richtigen Stellen. Findet da einen Mittelweg. Und Achtung: Wenn man probt, bewegt man sich viel (hohe Luftfeuchtigkeit). Wenn dann nicht direkt ein Fenster in der Nähe ist, werden Proberäume schnell schmuddelig. Wir haben unser Banner ruiniert, weil es dahinter geschimmelt hat.“
Jesse zur Rückkopplung:
„Das Koppeln zwischen Monitorbox und Gesangsmikrofon ist die klassische und unangenehmste Situation. Das hängt häufig auch von den Locations ab, in denen man spielt. Also mal gibt es welche, die haben eine sehr hohe Decke. Dann gibt es welche, da ist die Decke ein bisschen flacher. Oder es gibt Fenster oder die Wände sind aus Stein. Diese Flächen reflektieren den Schall manchmal kräftig. Übrigens oft noch am stärksten bei sowieso feedback-gefährdeten Frequenzen. Das kann dazu führen, dass bestimmte Frequenzen ganz, ganz sensibel reagieren.“
3. Zähmt die störenden Frequenzen mit dem Equalizer
Bestimmte Frequenzen können feedbackfreudiger sein als andere. Auf der Bühne steht euch beim Soundcheck ein Tontechniker zur Seite, der die Tonhöhen kontrolliert. Im Proberaum könnt ihr einen Equalizer auf den Raum optimiert einstellen.
Zum Fiepen erklärt uns Jesse:
„Wenn man versucht, das Fiepen in den Griff zu kriegen, macht es Sinn, am Equalizer genau zu gucken. Also die einzelnen Bänder mal durchzusehen, hoch und runter zu ziehen. Schaut, wo es dann am stärksten fiept. Zieht dieses Band dann einfach ein bisschen raus. Der Frequenzgang des Gesangsmikrofons geht ja auch durch die PA raus, hängt vielleicht an einem Mischpult oder da ist ein Equalizer zwischen. Da kann man dann für das Mikrofon letztendlich auch so ein bisschen die Frequenzen variieren. Oft tut´s bei zwei bis vier Kilohertz am meisten weh.“
Eine weitere Methode, Rückkopplungen zu zähmen:
- Mix und Monitormix aufbauen
- lauter machen, bis das Feedback beginnt
- mit einem RTA (Real Time Analyzer) die koppelnden Frequenzen ermitteln und sie dann per EQ zähmen. Der EQ kann ein graphischer sein, besser allerdings ist parametrisch.
- weiter den Pegel erhöhen, bis es bei der nächsten Frequenz pfeift, und dort wiederholen. So könnt ihr das Feedback um einige dB zurückdrängen.
4. Schaut auf eure Monitoring-Lösung – Monitorboxen vs. In-Ear-Monitoring
Wenn doch gerade das Zusammenspiel zwischen Gesangsmikrofon und Monitorbox Feedbacks erzeugen kann, wäre es dann nicht sinnvoll, auf Monitorboxen zu verzichten? Jein! Das ist zum einen eine Kostenfrage. Die andere Frage ist, ob sich die Tontechniker damit auskennen. Sloppy Joe’s sind ein Trio mit Gesang und Gitarre, Schlagzeug, Bass, das am liebsten mit In-Ear-Monitoring arbeitet, wenn´s geht. Liger sind ein Quartett mit Gesang, Schlagzeug, Bass und Gitarre, das ausschließlich Monitorboxen nutzt.
Monitorboxen
Maurice:
„Beim In-Ear-Monitoring hält uns zurück, dass die Live-Branche, vor allem die Clubs in der Größe, in der wir spielen, nicht dafür gemacht sind. Also: dass manche Techniker in Sachen InEar nicht so versiert sind oder keine Ausnahmeregelung machen wollen. Aber sie können alle mit Monitorboxen arbeiten und kennen die Gegebenheiten vor Ort. Deshalb nutzen wir lieber Monitorboxen. Übt und probt im Proberaum genauso, was ihr auch auf der Bühne macht. Dann seid ihr mit den Monitorboxen bestens vertraut und es gibt euch Sicherheit bei Auftritten.“
InEar-Monitoring
Jesse:
„Wir haben In-Ear-Monitoring schon seit zwölf Jahren. Das sieht so aus, dass wir uns auch im Proberaum das Signal auf die Ohren schicken. Man hört im Proberaum also wirklich nur das Schlagzeug. Das ist für uns die perfekte Situation, weil wir so auch ganz genau hören, was wir spielen. Es ist wichtig, auch einfach Qualität abzuliefern und perfekt zu sein. Das muss schon im Proberaum losgehen. Sonst gibt es ein böses Erwachen auf der Bühne.“
5. Lasst euch nicht aus der Ruhe bringen – Akutsituation auf der Bühne
Auch wenn Liger und Sloppy Joe’s inzwischen sehr viel Live- und Proberaumerfahrung haben und wissen, wie sie Feedbacks vermeiden, passiert es schon manchmal – der Worst Case tritt ein: Feeedback! Doch auch wenn’s ganz dicke kommt, versucht souverän zu bleiben.
Jesse:
„Das einschneidendste Erlebnis hatte ich beim Release Konzert 2016 in Hamburg vor ausverkauftem Haus. Der Haustechniker vor Ort hat schon beim Soundcheck ein so krasses Feedback bei mir erzeugt, dass ich fast einen Hörsturz bekommen habe. Und es hat knapp zwei Stunden gedauert, bis wir dieses Fiepen rausbekommen haben. Leider ging es dann zu Beginn der Show wieder los. Das hat uns die ersten drei, vier Songs komplett ruiniert. Das Bittere dabei ist dieser Piepton. Den nimmt man ja hauptsächlich über die Monitorwege wahr.“
„Das Publikum bekommt das eventuell gar nicht wirklich mit und fragt sich nur: Was macht denn der Typ da oben? Es macht auch keinen Spaß zu singen und die ganze Zeit das Piepen auf dem Ohr zu haben. Denn sobald ich gesungen habe, ist das Feedback entstanden. Aber durch so etwas darf man sich niemals aus der Ruhe bringen lassen. Immer souverän die Show zu Ende zu spielen, auch wenn man technische Probleme hat. Ich versuche dann häufig den Tontechniker per Zeichensprache darauf aufmerksam zu machen, dass ich Probleme habe, und hoffe, dass er weiß, was er tut, und das Problem löst.“
Fazit: Dranbleiben!
Wir haben euch jetzt viele praktische Tipps mit an die Hand gegeben, wie ihr Feedbacks vermeiden könnt. Doch auch wenn´s nicht sofort klappt, lasst euch nicht entmutigen! Probiert die verschiedenen Möglichkeiten aus, experimentiert mit den Einstellungen bis ihr die richtigen gefunden habt! Sowohl bei Sloppy Joe’s als auch bei Liger hat es Jahre gedauert, bis sie die ideale Einstellung für ihren Sound gefunden haben.
Maurice dazu:
„Wir haben fast sieben Jahre im Proberaum gebraucht, bis wir da den Sound so hatten, dass man auch alles raushört. Was ich euch für Live-Auftritte noch mit auf den Weg geben kann: Schreibt so viele Infos wie möglich in den Techrider oder Technical Rider . Die professionellen Tontechniker vor Ort lesen den Techrider vorher. Sie wissen, worauf es ankommt und was eure Anforderungen sind, und müssen das nicht direkt vor Ort machen. Versucht euch in die Situation des Technikers reinzuversetzen und es ihm so einfach wie möglich machen.“
Neben den Feedbacks können auch noch andere Störgeräusche wie Brummschleifen auftreten, die ihr jedoch mit DI- bzw. Symmetrier-Boxen gut in den Griff bekommt. Das Beste: Es gibt für die meisten Szenarien standardisierte Lösungen, sodass eurer Spielfreude kaum noch was im Weg steht …
Welche Erfahrungen habt ihr mit Feebacks und Brummschleifen gemacht? Habt ihr Tipps was man noch machen kann um sie schnell zu unterbinden? Schreibt´s einfach unten in die Kommentare.
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