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StartTechnik1. TontechnikTransistor- oder Röhrenverstärker - eine reine Geschmacksfrage?
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Transistor- oder Röhrenverstärker –
eine reine Geschmacksfrage?

Ein Klassiker: Der Mcintosh MC240 Röhrenverstärker. Baujahr 1961 – 1969 / © Sebastian Nizen, Wikipedia

Was ist besser: Transistor oder Röhre?

Kurz und einfach beantwortet: Das kommt auf deinen persönlichen Geschmack an. Oder vielleicht doch nicht? Wir wollen dieser ewigen Diskussion jetzt mal auf den Grund gehen. Was sind Röhren­ver­stär­ker und was sind Transistor­verstärker – welches System ist bes­ser, oder gibt es gar keine qualitativen Unterschiede? Über diese kleinen aber feinen Kontraste in den Schaltungen sowie das subjek­tive Hörempfinden soll es in diesem kleinen Beitrag gehen …

Die Erfindung der Röhrenschaltung

Die ersten Röhrenverstärker für Gitarren und Bässe sind in den späten 1940er Jahren des vergangenen Jahrhunderts auf den Markt gekommen. Der Haupt­bestandteil von Röhrenverstärkern sind die namensgebenden Röhren. Anfang des 20. Jahrhunderts von John A. Fleming  erfunden, konnte sie sich ab 1913 sehr schnell mit der entwickelten Röhrentriode als Verstärkerschaltung durchsetzen.

Diese Triode erlaubte es erstmalig, schwache Ströme zu verstärken. Außerdem fand Manfred von Ardenne  dann in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts heraus, wie man mehrere Röhrensysteme in einem Glaskolben unterbringen kann. Ein späteres Ergebnis davon ist die Doppeltriode ECC83/12AX7 , die zwei gleiche Triodensysteme beherbergt und bis heute Standard in Audio-Vorverstärkern ist.

Doppeltriode des Typs ECC83 in der Vorstufe eines Gitarrenverstärkers / © ClemiMD, Wikipedia

Doppeltriode des Typs ECC83 in der Vorstufe eines Gitarrenverstärkers / © ClemiMD, Wikipedia

Weitere Experimente mit zusätzlichen Gittern führten 1927 zum Patent der Firma Philips  auf die Fünfpol-Röhre (Pentode), deren Verstärkereigenschaften deutlich über dem von Trioden liegen. Das macht sie besonders für den Bereich der Leistungsverstärker interessant.

Als dann in den späten 1960er Jahren die Transistortechnik auf den Markt kam, dachte man schon, die „veraltete“ Röhren­technik würde bald verschwin­den, da Transistoren billiger und effektiver als Röhren sind. Und auch die technischen Werte der Transistorschaltungen sind oftmals besser.

Die Röhrentechnik hält sich hartnäckig –
Totgesagte leben eben länger …

Tja nun, wie war das nochmal bei der CD: Mit dem Erfolg dieser kleinen Silberlinge wurde auch das baldige Ende der Schallplatte vorausgesagt. Trotzdem zeigte das totgesagte Vinyl Ausdauer und ist heute wieder im Kommen. Und die Klang­fetischisten rühmen heute gerade den Röhrenverstärker im Zusammenspiel mit der Schallplatte …

Entwicklung der Transistortechnik

Mit der Entwicklung des Halbleitermaterials Silizium zu „Siliziumtransistoren“ schon Ende der 50er Jahre ersetzte mit der Marktreife der Halbleiter­bau­elemente „Bipolartransistor“, „Feldeffekttransistor“ und „MOSFET“ Ende der 60er Jahre in den meisten Verstärkerschaltungen bald die Röhre.

Transistoren sind preisgünstig ... / © PublicDomainPictures

Transistoren sind preisgünstig … / © PublicDomainPictures

Der Transistor nutzt die besonderen Eigenschaften der Halbleiter (Silizium). Im Periodensystem steht Silizium zwischen den leitfähigen Metallen und den Nichtleitern, und kann je nach Situation sowohl elektrisch leitfähig als auch isolierend sein. Das Besondere dabei ist nun, dass zwischen den Zuständen gezielt geschaltet werden kann. Dadurch können in den Siliziumtransistoren komplexe Schaltkreise erstellt werden, wie dies früher nur mittels Elektronen­röhren möglich war.

Statt eines Glaskolbens mit mehreren Elektroden und einer Heizung brauchte man jetzt nur noch ein kaum fingernagelgroßes Gehäuse, in dem sich ein kleines Stück Halbleiterkristall befindet. Die Weiterentwicklung des Transistors zum komplexen „intergrierten Schaltkreis (IC)“ war da nur noch ein kleiner Schritt.

Integrierte Schaltung  / © PublicDomainPictures

Integrierte Schaltung / © PublicDomainPictures

Kurzer Exkurs: Zum ersten Microchip entwickelten Jack Kilby  und Robert Noyce  den Transistor schon ab 1959. Die Idee war – statt ganz viele Halbleiterkristalle in lauter separate Gehäuse zu verpacken und die daraus hervorstehenden Drähte zu verlöten – die ganze Struktur auf einem einzigen (etwas größeren) Halbleiterkristall unterzubringen. Die „Drähte“ zwischen den in den Kristall eingelassenen Transistorstrukturen wurden durch leitfähige Bereiche in demselben Kristall ersetzt.

Zurück zur Transistortechnik in Verstärkern: Sie wird heute in der Regel dort eingesetzt, wo es um möglichst neutrale Klangaufzeichnung geht wie z.B. bei akustischen Instrumenten. Denn gute Transistorschaltungen klingen keineswegs „kalt“, sondern einfach nur neutral. Anders als RöhrenAmps fügen Transistorverstärker dem Signal keine Klangfärbung hinzu: Was vorn rein kommt, kommt hinten einfach nur lauter wieder raus.

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Es versteht sich natürlich von selbst, dass billigere Amps diesem Klangideal oft weniger folgen als die teureren Vertreter. Doch selbst günstige Amps sind heutzutage bereits sehr brauchbar.

Unterschiede im Klangempfinden

Nach dem Siegeszug des Transistors in den frühen 70er Jahren des letzten Jahrhundert`s, kam es Ende der 70er zu einem „Revival“ der Röhre. Tatsächlich wird die Röhrenschaltung weiterhin in Gitarrenamps preferiert und ist dort heute kaum wegzudenken.

Viele Toningenieure bestehen denn auch darauf, dass Röhrenverstärker musikalischer, wärmer und auch natürlicher klingen. Für Musiker stehen hier eher praktische Aspekte im Vordergrund und sind fester Bestandteil der persönlichen Definition von Sound, während Röhren-High-End-Fans gerne mal in kultischen Gefilden fabulieren …

Der Vintage Marshall: Der Röhrenamp Marshall Studio SV20H / © ThomannDer Vintage Marshall: Der Röhrenamp Marshall Studio SV20H / © Thomann


In der Studio- und Eventtechnik gelten Röhrengeräte, zum Beispiel die Gitarrenverstärker, als besonders wohlklingend und werden nach wie vor in großer Modellvielfalt angeboten. Besonders bei Vokalauf­nahmen ist immer wieder ihre weiche, volle Klang­charakteristik extrem gefragt. Ein hervorragen­des Beispiel dazu gibt der SPL GoldMike 9844  ab. Durch die Verwendung der Röhren lassen sich Stimmen nicht nur zielgerichtet beeinflussen, sondern auf Wunsch auch atmosphärisch verzerren.

Röhren-PreAmp für Mikros der Extraklasse: Der SPL GoldMike 9844 Tube Dual Mic Preamp / © SPLExtraklasse Röhren-PreAmp für Mikros: Der SPL GoldMike 9844 Dual Tube / © SPL


Es entstand eine leidenschaftliche Diskussion zwischen Transistor-Fans und Röhrenverehrern um den „besseren“ Klang der jeweiligen Systeme. Während die Frage nach “gutem” Sound sicherlich hoch individuell und subjektiv ist, können die klanglichen Unterschiede doch vergleichsweise genau beschrieben werden. Wir wollen dazu mal die drei wesentlichen Faktoren betrachten, die immer wieder zur Sprache kommen wenn es um „Transistor vs. Röhre“ geht …

  1. Wärme
  1. Dynamik
  1. Verzerrung

Wärme

Von der Wärme oder natürlichem  Sound (wobei das wieder eine sehr subjektive Beschreibung ist) wird immer wieder geschwärmt, wenn der Klang eines Röhrenamps beschrieben wird. Tatsächlich sind die Unterschiede in der Klangcharakteristik zwischen Transistor und Elektronenröhren auch deutlich hörbar.

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Hintergrund dieser Unterschiede sind die sogenannten Obertöne. Diese werden zwar von beiden Verstärkern wiedergeben, von Röhrenverstärkern jedoch noch wesentlich stärker. Und die Entstehung der Obertöne von Röhren macht den Unterschied. Sie wirken durch die analoge Bauweise weicher für das Gehör.

Im Studio allerdings geht es es um die möglichst neutrale Wiedergabe der entstandenen Klänge. Gerade bei Liveaufnahmen möchte man in der Regel den Sound erstmal genauso aufgenommen haben, wir er entstanden ist – eben neutral. Hier punktet die Transistortechnik: infolge der digitalen Schaltung (an/aus) gibt der Transistor Aufnahmen sehr neutral wieder. Später beim Mastermix können „Wärme“ oder andere Klangeigenschaften nachträglich hinzugefügt werden …

Der neutrale Sound der Transistoren ist im Studio nicht mehr wegzudenken.
Gerade bei der Aufnahme und Reproduktion von akustischen Instrumenten
ist die Transistortechnik enorm erfolgreich.

Dynamik

Röhren sind Verstärkerbauteile, die mit hoher Spannung (einige hundert Volt) und relativ kleinem Strom (einige zehn bis wenige hundert Milliampere) arbeiten.

Sie besitzen ein einfacheres Schaltungsdesign und reagieren deshalb schneller als Transistoren auf ein Signal. Hinzu kommt, dass aufgrund des gutmütigen Übersteuerungsverhaltens die Röhrenverstärker­leistung als nahezu doppelt so laut empfunden wird, wie eine gleichstarke Transistorleistung. Röhren können einen Druck erzeugen, den man richtig spürt. Sie besitzen eine Dynamik, die ihresgleichen sucht.

Im Zusammenhang mit Instrumentalverstärkern bezeichnet Dynamik die Variationen in Anschlagsart und Spieltechnik. Und was Jazzgitarristen der 1950/60er Jahre bei den Röhrenverstärkern in den Wahnsinn getrieben hat, ist heute noch bei Rock- und Metal-Gitarristen beliebt – das Spiel mit der einsetzenden Verzerrung und wandelnden Lautstärken.

Verzerrung

Kommen wir zu dem Spiel mit der einsetzenden Verzerrung : Röhrenzerre, Sättigung oder sahniger Overdrive sind die genannten Begriffe, wenn es um die unterschiedlichen Ansätze bei einer Signalver­zerrung geht. Was bei Hifi-Verstärkern absolut nicht geht, wird bei Gitarrenamps sehr geschätzt.

Verzerrungen entstehen immer dann, wenn der Verstärker das anliegende Musiksignal nicht nur verstärkt, sondern auch auf andere Art und Weise verändert, wie das beim Overdrive im Röhrenamp passiert. Man teilt Verzerrungen allgemein in Lineare Verzerrungen und Nicht Lineare Verzerrungen ein, je nachdem welche physikalische Charakteristika des Signals von der Änderung durch den Verstärker betroffen sind.

Schema der Verzerrungsarten / © Andy C.

Schema der Verzerrungsarten / © Andy C.

Wer du dich in dieses spezielle Thema weiter einfuchsen willst, empfehle ich dir diesen Artikel: Elektronik Kompendium: Verzerrungen  oder diesen: Was sie schon immer über Verzerrungen wissen wollten

Eine nicht-lineare Verzerrung kann bei einem Röhrenamp sowohl in der Vorstufe (Gainregler) oder in der Endstufe (Mastervolume) erzeugt werden. Erzeugst du die Verzerrung in der Vorstufe muss der Verstärker nicht laut sein, erzeugst du sie mit der Endstufe, wird´s allerdings in der Regel ziemlich laut.

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Overdrive  war ursprünglich der Begriff, der für den Sound eines bis zum Anschlag aufgedrehten Röhrenverstärkers geprägt wurde. Physikalisch gesehen werden die Spitzen und Tiefen der akustischen Sinuswelle leicht gequetscht. Das sind die Röhren, die ihr Ding machen, und dieses weiche Clipping, das den Overdrive-Sound erzeugt …

Ein bewußt herbeigeführter „Verzerrer“ im Röhrenverstärker:
Der „Overdrive“ – das weiche Clipping das diesen Sound erzeugt

Das Signal und Pegelspitze eines Instruments ist allerdings niemals gleichmäßig, sondern wird von Anschlagskraft, Gitarrenschaltkreisen und Effektgeräten beeinflusst. Transistoren geben die Ausschläge nicht wieder, sondern kappen die Spitzen und Tiefen der Sinuswelle (Clipping) einfach. Der Klang eines Transistors ist daher grundsätzlich schroffer und schärfer.

Die Signalverzerrung beschreibt den Umgang eines Systems mit Pegelspitzen und die ist bei Röhren- oder Transistorgeräten in der Handhabung jeweils unterschiedlich. Röhren sind anfälliger für Pegelspitzen und gehen früher in die Sättigung  oder Röhrenzerre , während Transistoren länger ein sauberes Signal liefern.

Wenn du ein lautes aber sauberes Signal wünschst, leistet der Transistor mehr. Willst du eine angenehm runde und warme Verzerrung, liegt der Röhren­verstärker vorn. Hier kommt es vor allem auf das angestrebte Musikgenre an – die Gitarristen unter euch wissen Bescheid …

Die unterschiedlichen Eigenschaften der Amps

Zum Schluß einen kurzen Überblick über die wichtigsten Eigenschaften von Gitarren-Röhren- und Transistoramps …

Der Röhren Amp

  • homogene weiche Verzerrungen,
  • warmer, weicher, druckvoller Sound,
  • ermöglicht sehr dynamische Spielweise,
  • individueller Sound einstellbar, durch Auswahl verschiedener Röhrenkombinationen,
  • als Combo- oder Headverstärker, Vorstufen und Endstufen,
  • Genres: alle außer akustische Instrumente

Nachteile:

  • teuer,
  • spielt seine Stärken erst auf höherer Lautstärke aus,
  • hohes Gewicht,
  • Wartungskosten der Röhren

Beliebte Röhrenverstärker bei Thomann:

Transistor Amps

  • günstigeres Preisniveau,
  • neutrales Klangbild, daher
  • kühlerer, oft als aggressiv empfundene Klangfärbung
  • Combo- oder Headverstärker, Vorstufen und Endstufen
  • Genres: gerade für akustische Instrumente, aber auch alle anderen, jedoch ist clean besser als verzerrt
  • keine Wartungskosten,
  • Kein Klangverlust bei geringer Lautstärke

Nachteile:

  • die Verzerrung klingt steril,
  • die Verstärkung ist wenig dynamisch und
  • besitzt kaum Druck

Beliebte Transistorverstärker bei Thomann:

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Andreas Cattarius
Andreas Cattarius hat an der Fachhochschule Kaiserslautern Innenarchitektur studiert. Im Jahr 1995 gründete er mit Freunden den Live-Club „Fillmore Kaiserslautern“ und in den darauffolgenden Jahren machte sich dieser Liveclub überregional einen Namen mit erfolgreichen Konzerten für die Alternativszene. Als DeeJay und Talentscout entwickelte er eine Nase für Musik-Trends der alternativen Szene und förderte die lokale Musik- und DeeJay-Szene. In dieser Zeit erwarb er erste Kenntnisse im Schreiben von Bandbeschreibungen der Künstler, die in seinem Club auftraten. Er lernte was erfolgreiches Eventmarketing bedeutet und machte sich einen Namen als überregionaler Veranstalter für innovative Bands. Als Redakteur für das Kaiserslauterer Stadtmagazin „Pavillon“, hier zuständig für die Rubrik „Szene“, entwickelte er seine journalistischen Fähigkeiten. 2002 ließ er sich zum „Internetapplikationsentwickler“ ausbilden und erlernte das „Handwerk“ des Webdesigns. Er entwickelte bereits 2003 im Team einen Online-Lieferservice für Pizzas in Worms. Seit 2018 gehört er fest zum „Kunstgriff-Event“ Team.
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