Sehr reflexionsarmer (schalltoter) Raum der TU in Dresden / © Henry Mühlpfordt für Wikipedia
Kommen wir nun zum komplexesten und längsten Teil 2 des Artikels, den Dipl. Ing. Andreas Haeger 1998 veröffentlichte. Wir werden uns heute mit den Wiedergabeeigenschaften von Schall und seinen Reflexionen beschäftigen sowie darüber unterhalten, was gewollte und ungewollte Reflexionen bedeuten … Und passend dazu findet ihr am Ende des Artikels einige Produktempfehlungen zum Thema Abhörmonitore nebst Entkopplungszubehör und Stativen, Subwoofer und Absorber (auch Mic-Screens, die in jeder Umgebung mobil funktionieren)
3 Zusammenhänge zwischen subjektiv wahrgenommener Wiedergabequalität und dem Schallfeld am Abhörplatz
Es ist die Wechselwirkung zwischen Abhörreinrichtung und Wiedergaberaum, welche die Wiedergabequalität im mit weitem Abstand höchsten Maße beeinflußt. Der einzige Weg zu richtiger Wiedergabe ist die Einrichtung eines geeigneten Schallfeldes am Abhörplatz.
3.1 Zusammensetzung des Schallfeldes am Abhörplatz
Das Schallfeld am Abhörplatz besteht potentiell aus folgenden Anteilen:
- Direktschall (vom LS direkt an den Hörplatz gelangender Schall)
- Erste diskrete schallstarke Reflexionen (an einer Raumbegrenzungsfläche reflektierter Schall)
- Diffusschall (an mehreren Begrenzungsflächen immer wieder reflektiertes Nachhallfeld)
Nach dem Direktschall folgt zuerst die erste diskrete Reflexion, die je nach Wandbeschaffenheit (dem frequenzabhängigen Absorptionsgrad) fast den gleichen Pegel besitzen kann, wie der Direktschall. Die Zeit zwischen dem Direktschall und dem Eintreffen der ersten diskreten Reflexion wird als initial time delay gap ITG oder auch als Anfangszeitlücke bezeichnet. Betrachten wir der Einfachheit halber nur einen Lautsprecher vor einer Wand, dann wird bei 1m Wandabstand die erste Reflexion etwa 6 ms (Schallgeschwindigkeit 343m/s bei 20°C; Achtung: Vor- und Rücklauf des Schalls) nach dem Direktschall eintreffen.
Da diese Reflexionen wiederum an Begrenzungsflächen reflektiert werden (etc. pp.), wobei jedesmal etwas Schallenergie durch Absorption verloren geht, gehen sie bald in ein dekorreliertes Nachhallfeld mit zeitlich abnehmender Intensität über.
Häufig findet man Angaben der Nachhallzeit t60 eines Raumes in Abhängigkeit von der Frequenz. Diese meint den Zeitraum der vergeht, bis der Schallpegel um 60 dB gegenüber dem Ursprungswert abgesunken ist, was einem Millionstel des Ausgangswertes entspricht.
3.2 Was soll eine gute Abhörsituation leisten?
Ein gute Abhörsituation bietet dem Hörer bezüglich der beiden grundlegenden subjektiven Wiedergabeeigenschaften Lokalisationsschärfe und Klangfarbenneutralität den gleichen optimalen Eindruck wie unter Freifeldbedingungen, die z.B. in einem reflexionsarmen oder sogar schalltoten Raum vorherrschen
Reflexionsarme Räume eignen sich allerdings keinesfalls zum Musikhören, da die Differenz zwischen optischer Wahrnehmung (Innenraum) und akustischer Wahrnehmung (Freifeld) nicht zusammenpassen und starkes Unbehagen bis hin zu einem sehr unangenehmen Druck auf den Ohren beim Hörer hervorrufen.
All jenen, die nicht die Möglichkeit haben, versuchsweise in einem reflexionsarmen Raum zu hören, sei an dieser Stelle ein kleines Experiment empfohlen, um den Einfluss des Wiedergaberaumes auf die Wiedergabequalität zu erleben: Bringt eure Lautsprecher mal nach draußen und hört dort. Dies ist die einfachste Möglichkeit, unter Freifeldbedingungen reflexionsarm zu hören.
Da Freifeldbedingungen keiner normalen Hörerfahrung entsprechen, wie z.B. in Konzerten, könnt ihr in einem Abhörraum zudem etwas Diffusschall aus dem hinteren Raumbereich zum Hörplatz gelangen lassen. So können Mängel zweikanalstereophoner Wiedergabe bezüglich Ambiance und Raumeinbindung ausgeglichen werden. Ansonsten kann das Raumgefühl ebenfalls gut definiert und zugleich besser durch mehrkanalige Wiedergabe erreicht werden.
3.3 Grundvoraussetzungen für eine neutrale Abhörsituation
3.3.1 Ein linearer Amplitudenfrequenzgang …
… des direkten Schallfeldes UND ein linearer Amplitudenfrequenzgang des diffusen Schallfeldes , woraus sich ein linearer Amplitudenverlauf des daraus zusammengesetzten Gesamtschallfeldes am Hörplatz (die sog. Betriebsschallpegelkurve ) ergibt.
Bedingungen für eine lineare Betriebsschallpegelkurve :
- Der vom Lautsprechersystem ausgesendete Direktschall ist unverfärbt, d.h. er hat ein lineares Freifeldübertragungsmaß (Amplitudenfrequenzgang unter 0° und unter reflexionsfreien Bedingungen) ist Grundvorraussetzung
- Die frühen diskreten Reflexionen werden unterdrückt d.h. Interferenzen , sog. Kammfiltereffekte werden vermieden
- Das diffuse Schallfeld d.h. eine dekorrelierte Phase , aus allen Raumrichtungen eintreffend ist unverfärbt; ein linearer Amplitudenfrequenzgang dafür ist wiederum erforderlich:
- Der Amplitudenfrequenzgang des vom Lautsprechersystem insgesamt in alle Raumrichtungen (!) ausgesendeten Schalles (Diffusfeldübertragungsmaß ) ist linear
- Die Nachhallzeit des Raumes ist frequenzunabhängig konstant
Zu 3.3.1 Nr. 4): Die Bedeutung des Bündelungsmaßes …
… und des Bündelungsmaßverlaufes … → Bündelungsmaß, Bündelungsfaktor und Bündelungsgrad treffen eine Aussage über die Bündelungsfähigkeit des Schalls bei Lautsprechern, Mikrofonen und einzelnen Schallquellen im diffusen Schallfeld (Wikipedia)
Theoretisch geeignet für unverfärbte Wiedergabe erscheint demnach lautsprecherseitig auf den ersten Blick der ideale Kugelstrahler. Dieser weist über den gesamten Übertragungsbereich ein gleichmäßiges Diffusfeldübertragungsmaß auf, bei linearem Freifeldübertragungsmaß bedeutet dies ein Bündelungsmaß von 0 dB, entsprechend einem Richtfaktor von 1.
Zur Erläuterung: Das Bündelungsmaß für eine Frequenz stellt den gemittelten Pegel des in alle Raumrichtungen ausgesendeten Schalles normiert auf den Pegel unter 0°, also direkt auf Achse dar. Liegt die insgesamt in alle Raumrichtungen ausgesendete und gemittelte Schallenergie bei einer Frequenz z.B. 10 dB unterhalb jener bei 0°, so verfügt der Lautsprecher bei dieser Frequenz über ein Bündelungsmaß von 10dB.
Der Bündelungsmaßverlauf (directivity index = Bündelungsmaß über die Frequenz aufgetragen) sollte idealerweise möglichst linear sein.
Unter anderen Aspekten (Kurzzeitreflexionen, Pegel des Diffusfeldes) zeigt sich, daß ideale Kugelstrahler nur in extrem stark bedämpften Räumen sinnvoll betrieben werden können. Bevor in den Fünfzigern daher der Kugelstrahler endgültig zu den Akten gelegt wurde, waren die letzten Exemplare dieser Gattung in ihrer Empfindlichkeit umschaltbar gestaltet.
Eine bessere Alternative ist ein Direktstrahler, der ebenfalls ein unverfärbtes Diffusfeld erzeugt, jedoch eine Richtwirkung aufweist. Ein solcher Lautsprecher muß eine lineare Freifeldübertragungskurve und ein über die Frequenzen gleichmäßiges Bündelungsmaß größer 0dB aufweisen.
Derartige Lautsprechersysteme finden sich meines Wissens vorwiegend im Bereich der Tonstudiotechnik. Es gibt Modelle, die z.B. zwischen 250 Hz und 10 kHz ein gleichmäßiges Bündelungsmaß von ca. 10 dB aufweisen, dies entspricht einem Richtfaktor von 3. Also gegenüber einem idealen Kugelstrahler wird – bei gleichem Pegel im direkten Schallfeld – insgesamt nur etwa 1/3 der Schallenergie in den Raum abgegeben. Ein solcher Lautsprecher führt im Vergleich zum Kugelstrahler leicht einsehbar zu weniger negativen Raumeinflüssen bei dennoch weitestgehend unverfärbtem Diffusfeld.
Bei sehr tiefen Frequenzen ist eine Bündelung aufgrund des begrenzten Membran- und Gehäusedurchmessers nicht mehr möglich. Einzig durch einen Wandeinbau des Speakers ist noch ein Richtfaktor von 2 zu erreichen. Generell gilt, dass ein Lautsprecher mit ausgeprägter und dennoch gleichmäßiger Richtcharakteristik (auch heute noch; Anm.d.Red.) nicht klein sein kann, da zur Bündelung tiefer Frequenzen große Chassis benötigt werden.
Als Faustregel: Ein Chassis beginnt ungefähr bei Frequenzen, deren Wellenlänge dem Umfang des Chassis entspricht, zu bündeln. Beispiel: Ein 16´´ (40cm) Chassis (Umfang 1,25m) bündelt ab 270Hz aufwärts. Doch Art und Größe des Gehäuses, z.B. bei Schallführungen, können hier noch einen zusätzlichen Einfluss ausüben.
Zur Veranschaulichung sind zwei Bündelungsmaßverläufe dargestellt, einerseits des Kleinregielautsprechers ME Geithain RL 906 (130mm Tiefmitteltöner, 25mm Hochtonkalotte, Trennfrequenz 3 kHz) und andererseits des Hauptregielautsprechers RL 901 (400mm Tieftöner, 125mm)
Zur Info: die Geithan Lautsprecher gibt es auch noch heute nach 30 Jahren und sie gelten in vielen professionellen Anwendungen immer noch als das (akustische) Maß der Dinge. Das gilt allerdings auch für die Preise.
Die oben dargestellten Diagramme von damals waren sehr präzise, allerdings ist die heutige Darstellungsform deutlich plakativer und leichter verständlich. Hier seht ihr exemplarisch einen Nahfeldmonitor und dazu das horizontale Abstrahlverhalten in der heutigen Darstellungsform, den Adam T5V für das kompakte Budget. Wir setzen ihn selbst in einer Regie ein, da er kompakt ist und trotz des günstigen Preises bis in den Bassbereich gut und neutral abliefert.
3.3.2 Frequenzunabhängige Nachhallzeit
Die Nachhallzeit des Raumes ist frequenzunabhängig konstant. Einen Raum auf eine völlig frequenzunabhängige Nachhallzeit zu trimmen, erfordert jedoch einen recht hohen Aufwand. Die anzustrebende Nachhallzeit hängt auch von der Raumgröße ab. Je größer der Raum, desto länger darf die Nachhallzeit sein; das entspricht dem natürlichen Empfinden. Große Räume besitzen aufgrund der größeren reflektierende Flächen verlängerte Nachhallzeiten gegenüber kleinen Räumen mit Wandmaterial des gleichen durchschnittlichen Absorptionsgrades.
Der Toleranzbereich gemäß DIN/EBU liegt zwischen 0,3 und 0,5 Sekunden, wobei nach persönlichem Geschmack des Autors eine Orientierung an der unteren Toleranzgrenze sinnvoll ist.
Sofern der Raum nicht auch im Mittel- und Hochtonbereich unterdämpft ist (dazu führen große Flächenanteile aus schallharten Materialien, wie Putz, Glas, Fliesen etc), ist es besonders lohnend, das Hauptproblem des akustisch kleinen Raumes anzugehen, wie er bei der Heimwiedergabe vorliegt.
Die stark ansteigenden Nachhallzeiten zu tiefen Frequenzen hin, und die örtlich inhomogene Schalldruckverteilung aufgrund der Anregung von Eigenfrequenzen des Raumes, führt dann zu dem typischen Dröhnen bei der Wiedergabe im Wohnraum. Sie manifestiert sich in einer meist um 10 bis 20 dB ansteigenden Betriebsschallpegelkurve bei tiefen Frequenzen.
Das Modell der geometrischen Akustik im Bereich der Eigentöne ist nicht mehr gültig. Als Faustformel für die Grenzfrequenz des Überganges von der geometrischen Akustik zur Denkweise in Eigenfrequenzen (Raummoden und Eigentöne) gilt:
fg = 125 * (180 m3/Raumvolumen)1/3
Es ist hier zu beachten, dass unterhalb dieser Grenzfrequenz die Bestimmung der Nachhallzeit in Terzbändern nicht mehr sinnvoll ist. Stattdessen muss die Übertragungsfunktion des Raumes für jede Frequenz einzeln bestimmt werden. Und zwar so, dass sich ein Lautsprecher in der einen Raumecke befindet und der Empfänger in einer anderen Ecke.
Zur Minderung der störend langen Nachhallzeit gelangt man ausschließlich durch Absorption. Anders gesagt: durch den Einsatz von Plattenschwingern, Membranabsorbern oder Helmholtzresonatoren (Flaschenhalsresonator) . Dabei sind Helmholtzresonatoren aufgrund ihrer schmalbandigen Wirkung nur zur Bedämpfung einzelner Frequenzen geeignet.
Alle genannten Absorber sind im Druckmaximum wirksam, können also direkt auf eine Wand aufgebracht werden. Verbundplattenresonatoren , eine Kombination aus den genannten Absorbern, weisen bei tiefen Frequenzen einen recht breiten Absorptionsbereich auf.
Druck-Maximum vs. Schnelle-Maximum
Poröse Absorber (z.B. Schaumstoff) sind dagegen weniger zur Absorption tiefer Frequenzen geeignet, denn sie sind im Druck-Maximum unwirksam, dagegen sind sie im Schnelle-Maxium wirksam, denn sie bremsen die lediglich Bewegung der Luftmoleküle ab.
Zur Veranschaulichung: Wenn eine Frequenz von 63 Hz bedämpft werden soll, ist dafür ein Wandabstand des porösen Absorbers von 1,33 m erforderlich. Doch dies möchten wohl nur wenige in ihrem Wohnraum realisiert sehen. Liegt hingegen eine Unterdämpfung des Mittel- oder Hochtonbereichs (ab ca. 500 Hz) vor, können poröse Absorber aufgrund der in diesem Frequenzbereich kürzeren Wellenlängen sehr gut eingesetzt werden.
Weiterhin sollte eine Bassquelle nicht im Druck-Maximum der Eigentöne aufgestellt werden, da hier deren Anregung maximal erfolgt. Ein Druck-Maximum jeder Eigenfrequenz befindet sich direkt an der Raumbegrenzungs-fläche sprich Wand. Günstig ist dagegen eine Aufstellung im Schnelle-Maximum (25% vom Druck-Maximum entfernt), da es hier nicht zur Anregung der Eigentöne kommt.
Die Anregung kann man gut erleben, wenn man das Lautsprechersystem direkt an eine Wand oder gar in einer Ecke plaziert und äquivalent den Hörplatz an ein solches Druck-Maximum verlegt. Leider finden sich viele Heim-Lautsprecher mit Tiefton-Chassis, Baßreflexkanälen, Transmissionlineöffnungen und ähnlichen Baßquellen direkt in Fußbodennähe (also im Druck-Maximum bestimmter Eigenfrequenzen). Sie regen konstruktiv bedingt den Raum an (!).
Vom Kauf eines solchen Lautsprechersystems sollte man daher absehen, denn er wird im Wohnraum einen dröhnigen Baßbrei produzieren. Jedoch aufgrund falscher Hörgewohnheiten wird dieser „Brei“ von vielen Kunden als „satt und voll“ empfunden. Oft wird aus Gründen besserer Vermarktbarkeit so ein Sound in die „Consumerkisten“ eingebaut. Das Gehör gewöhnt sich an (fast) alles.
Zusammenfassung
Auch ein „guter“ beliebiger Lautsprecher in einem Standard-Wohnraum aufgestellt, führt – vorsichtig formuliert – nicht automatisch zu einer guten Wiedergabesituation. Ein Wiedergaberaum, der eine perfekt frequenzunabhängige Nachhallzeit und zudem eine Unterdrückung der ersten diskreten Reflexionen ermöglicht, ohne dabei überdämpft zu wirken, wird andererseits leider sowohl preislich, als auch optisch den heimischen Rahmen sprengen.
Beim normalen Heim-Hifi wird zudem leider von Seiten der Lautsprecher-Hersteller häufig auf ein „gutes Rundstrahlverhalten“ geachtet, da dies einerseits die bei vielen Kunden offenbar beliebte Pseudoräumlichkeit durch diskrete Reflexionen an Begrenzungsflächen generiert, andererseits für einen leider oft unausgeglichenen Amplitudenfrequenzgang an ungünstigen Hörpositionen weit außerhalb der Achse sorgt.
Man achte auf die Unzahl von Lautsprechersystemen, die mit einer um 2kHz ohne Schallführung angekoppelten Hochtonkalotte bestückt sind. Von der geringen Belastbarkeit und daraus zwangsläufig folgenden Verzerrungsprodukten bei höheren Pegeln wollen wir gar nicht erst reden …
3.3.3 Unterdrückung schallstarker, diskreter Reflexionen
Es sollte eine Unterdrückung der frühen schallstarken diskreten Reflexionen an den Begrenzungsflächen erfolgen. Sie beeinträchtigen die Lokalisierung und Klangverfärbung und führen aufgrund von Interferenzen (sog. Kammfiltereffekten ) mit dem Direktschall.
Die zeitliche Auflösung unseres Gehörs bezüglich der Differenzierung zwischen Direktschall und Reflexion beträgt etwa 4 ms, das heißt: Reflexionen innerhalb dieses Zeitraums werden dem Direktschall zugeordnet. Sind Reflexionen um 40 ms oder mehr verzögert, nehmen wir sie bei ausreichendem Pegel nicht als Indirektschall, sondern als Echo wahr.
Interchannel-Laufzeiten , sind Laufzeitdifferenzen, die zwischen beiden Sterokanälen auftreten: Sie können vom Gehör weit feiner aufgelöst werden – bis hin zu etwa 40 Mikrosekunden oder sogar darunter.
Zu 3.3.1 Nr. 2): Reflexionen
Werden hohe Klangfarbenneutralität und Lokalisationsschärfe der Wiedergabe gewünscht, ist eine Unterdrückung der diskreten Reflexionen bis 15 ms nach Direktschall um mindestens 10, besser 20dB erforderlich. Ursächlich für die negativen Einflüsse in Bezug auf Lokalisierbarkeit ist die Tatsache, daß diskrete Reflexionen neben den beiden Lautsprechern weitere Realschallquellen darstellen.
Wir hatten oben gesehen, dass Phantomschallquellen – durch zwei Lokalisationsreize erzeugt – weniger gut lokalisierbar sind, als eine Realschallquelle. Die Lokalisierbarkeit nimmt bei steigender Zahl an Lokalisationsreizen (diskrete Reflexionen) noch weiter ab.
Insbesondere in normal großen Wohnräumen ist eine ausreichende Unterdrückung von reflektiertem Schall eine recht harte und nicht leicht umsetzbare Forderung. 15 ms entsprechen, bei der Schallgeschwindigkeit von 343m/s, ungefähr einer Laufstrecke von 5m. Ohne Diffusoren und Absorber werdet ihr daher in der Regel nicht auskommen können.
Eine einfache und praktikable Lösung ist:
- zunächst den Wandabstand von Lautsprecher und Hörplatz maximieren,
- die Lautsprecher sollten von seitlichen Begrenzungsflächen ferngehalten werden und auf den Hörplatz ausgerichtet sein,
- um den Pegel von Reflexionen an Begrenzungsflächen von vorneherein gering gegenüber dem Direktschall zu halten.
„Räumliches Hören“
Kleine Zweiweg-Lautsprecher mit schmalen Schallwänden klingen – außerhalb des Hallradius im Diffusfeld abgehört, also z.B. bei über 3m Hörabstand in einem durchschnittlichen Wohnzimmer- nicht aufgrund der häufig beschworenen Phasenkohärenz „so schön räumlich“: Innere Phasendrehungen sind weitgehend unhörbar und wirken sich kaum auf die Lokalisierbarkeit und Raumabbildung aus, nur sprunghafte Änderungen der akustischen Phase sind hörbar. Sie führen auch durch ein geringes Bündelungsmaß zu ausgeprägten diskreten Reflexionen an fast allen Begrenzungsflächen.
Diese letztlich fehlerhafte „Pseudoräumlichkeit“ führt zu Einschränkungen bezüglich der Lokalisationsschärfe von Phantomschallquellen, die sich ausdehnen und ineinander verschwimmen. Lautsprecher mit geringem Bündelungsmaß eignen sich im Wohnraum daher strenggenommen nur als Nahfeldlautsprecher.
An dieser Stelle muss konstatiert werden, dass zwischen Studiobedingungen, präzise formuliert: einem Abhörraum mit weitgehend frequenzunabhängiger, und zudem kurzer Nachhallzeit, der Unterdrückung der Kurzzeitreflexionen sowie dem Hören im direkten Schallfeld, ein großer Unterschied herrscht. Das kann zu enormer Unzufriedenheit einiger Freaks bezüglich vermeintlich schlechter Aufnahmen führen. Auch wenn natürlich von Seite der Produzenten auf die Kompatibilität ihrer Produktionen bezüglich schlechter Abhörbedingungen hingewiesen wird.
Prinzipiell erscheint daher eine Vereinheitlichung der Abhörbedingungen wünschenswert. Dies bedeutet, dass ein engagierter Musikliebhaber auch zuhause im direkten Schallfeld, also möglichst innerhalb oder zumindest nicht allzu weit außerhalb des Hallradius‘ hören sollte. Dies führt zu deutlich gesteigerter Transparenz der Wiedergabe und stark verbesserter Lokalisierbarkeit von Phantomschallquellen.
3.4 Direktes Schallfeld, Diffusfeld, Hallradius
Bewegt man sich unter Freifeldbedingungen, also unter Bedingungen (reflexionsarm oder schalltot ), wo es nicht zu Reflexionen an Begrenzungsflächen kommt, von einer punktförmigen Schallquelle weg, so nimmt die Schallintensität mit zunehmender Entfernung quadratisch ab (vgl. Oberfläche einer Kugel).
Im Wohnraum jedoch generiert eine Schallquelle aufgrund der Nachhallzeit des Raumes zusätzlich ein diffuses Schallfeld. Wir gehen jetzt mal in einer Vereinfachung davon aus, dass im statistischen Mittel in jedem Raumpunkt aus allen Raumrichtungen sekündlich gleich viel Energie eintrifft.
Dieses diffuse Schallfeld ist also unabhängig von der Entfernung des Zuhörers von der Schallquelle immer gleich laut, während die Intensität des Direktschalls mit zunehmender Entfernung des Hörers von den Lautsprechern abnimmt.
Der Abstand, bei dem der Pegel des Direktschalles eines Schallsenders unter Freifeldbedingungen dem Pegel des Diffusfeldes im Raum entspricht, wird Hallradius genannt. Am Hallradius sind Direktschall und Diffusschall daher genau gleich laut. Da die Nachhallzeit in Wohnräumen stark frequenzabhängig ist, ergibt sich für jede Frequenz ein eigener Hallradius.
Für eine Kugelschallquelle (völlig ungerichtete Abstrahlung) errechnet sich jetzt der Hallradius zu
rH = 0,057 * (V/T)1/2
V = Raumvolumen in Kubikmeter
T = Nachhallzeit des Raumes(2)
(2) T ist dabei definiert als die Zeit, in der die Energiedichte auf ein Millionstel des Anfangswertes, der Schalldruckpegel also um 60 dB abgefallen ist, daher auch die Bezeichnung T60.
Wie der Ausdruck erkennen lässt, steigt der Hallradius bei Vergrößerung des Raumvolumens an, verringert sich aber mit zunehmender Nachhallzeit.
Bei gerichteter Schallabstrahlung ist der Hallradius um die Wurzel des Richtfaktors G der Schallquelle größer.
G = 4 p *r * Imax/I
Imax = Maximalintensität
I = mittlere Strahlungsintensität ins Kugelvolumen
Mit anderen Worten: stärker bündelnde Lautsprecher führen im gleichen Raum zu größeren Hallradien.
Zur Bestimmung der Nachhallzeit benötigt man den mittleren Absorptionsgrad des Wandmaterials und die Wandfläche. Unter Normalbedingungen gilt die vereinfachte Sabinesche Nachhallformel :
T = (0,163 s/m) * (Raumvolumen/(Wandfläche*Absorptionsgrad))
Typische Absorptionsgrade bei 1.000 Hz (nur zu Demonstrationszwecken, nicht zur Eigenberechnung):
- Putz : 0,03
- Teppich: 0,15
- Schwerer Vorhang, mit Abstand zur Wand, gefaltet: 0,89
- Mineralfaserplatte: 0,84
- Holz: 0,09
Generell gilt, daß wohnraumübliche Materialien bei tiefen Frequenzen fast nicht, bei hohen jedoch recht deutlich absorbieren. In weiten Frequenzbereichen liegt der Hallradius in durchschnittlichen Wohnzimmern und für dynamische Hifi-Kleinlautsprecher mit geringem Bündelungsmaß – d.h. typischen Richtfaktoren von ca. 2 m häufig sogar unter 2 m.
Soviel zum zweiten Teil. Zum Abschluss haben wir noch einige Produktempfehlungen für euch: Nahfeldmonitore, dazu passende Subwoofer und einige Absorber.
Im letzten nicht mehr ganz so umfangreichen Teil 3 wollen wir uns abschliessend mit dem Einfluß der Lautsprecher auf die Wiedergabequalität und der praktischen Umsetzung im Wiedergaberaum beschäftigen … Und jetzt zum letzten Teil des Artikels: Grundlagen der Aufzeichnung von Schallereignissen und deren Reproduktion 3/3 (StageAID Retro)
Nachfolgend findet ihr einige Produktempfehlungen, die größtenteils von Konstantin Raab aus der Thomann Studioabteilung kommen.
Unsere Produktempfehlungen:
Monitore:
Swissonic A306
Hervorragende Einsteiger-Monitore von mit sauberem, neutralen Klang:
Adam T5V
Offene, brilliante Lautsprecher mit guter Impulstreue und für diese Größenordnung erstaunlich guter Bass-Wiedergabe:
Adam T10S Subwoofer
Eine passende Ergänzung zu den Adam T5V oder auch anderen Mittelklasse-Monitoren:
Focal Alpha 65 Evo
Monitor mit eher zurückhaltendem Sound mit hoher Neutralität und Dank 6,5“ Tieftöner ein sehr solider Bass-Bereich:
KS Digital C8-Reference
Für den professionellen Bereich: super präzise, hochauflösende Nahfeldmonitore mit hervorragender Tiefenstaffelung aufgrund der koaxialen Bauweise:
Neumann KH 310 A left
Echte Arbeitstiere im professionellen und auch semi-professionellen Bereich, die einen ganzen Arbeitstag ohne „Ohrenermüdung“ genutzt werden können. Zurückhaltend, sauber, neutral, kein Frequenzbereich besonders betont.
Lautsprecher-Zubehör
Millenium BS-500 Monitorstativ-Set
Günstiges, aber gut verarbeitetes Set Monitor-Stativ mit gummierter Auflage:
Gravity SP 3202 Studiomonitor Stand
Robustes, hochwertiges Stativ mit verstellbarer Neigung und gutem Preis-Leistungsverhältnis:
Hofa Basstrap V2 Black
Bass-Absorber, der auch gut als Monitor-Stativ nutzbar ist:
t.akustik ISO-Pad 6 Schaumstoffunterlage
IsoPad Serie für einfache, günstige Entkopplung und Neigung von Monitoren auf dem Schreibtisch. Erhältlich in verschiedenen Größen:
IsoAcoustics ISO-200
Tischstative für Entkopplung mit anpassbarer Höhe und Neigung:
PET Wall Absorber
Werden inklusive Montage-Material geliefert und sind in verschiedenen Farben verfügbar:
t.akustik PET Wall Absorber 120 BK
t.akustik PET Wall Absorber 60 BK
Etwas günstiger in Summe (4er Set mit jeweils 1x1m Platten) sind diese hier:
t.akustik Melamine 50 100/100 Gray 4pcs
Eck Absorber, vor allem für tiefe Frequenzen
t.akustik Tube Trap BK
t.akustik CBT2 Silver Spruce, Absorber von 80-500 Hz
Mic Screen, minimiert die Raumanteile am Mikrofon
Aston Microphones Halo Shadow
Alternativ zu Mic Screens gibt es eine kompakte Vocal Head booth oder Absorber Stellwände:
t.akustik Vocal Head Booth Stand Bundle, ersetzt, auch mobil, eine Gesangskabine
t.akustik AP 180-2, faltbares Akustikpanel