Sängerin bei der Aufnahme vor einem Kondensatormikrofon / © Edward Eyer für Pexels
Bisher haben wir uns nur damit beschäftigt, wie ein Schallfeld auf die Mikrofonmembran wirkt. Als nächstes wollen wir untersuchen, wie die Membranbewegung in ein elektrisches Signal umgewandelt wird. Wer den 1. Teil dieses umfangreichen Beitrages noch nicht gelesen hat, klicke bitte hier:
Das Wandlungsprinzip
In der professionellen Audiotechnik werden Mikrofone zunächst einmal in zwei Hauptgruppen unterteilt:
Dynamische Mikrofone
Kondensatormikrofone
Dynamische Mikrofone
Dynamische Mikrofone arbeiten nach dem Induktionsprinzip. Die Schallbewegung bewegt einen elektrischer Leiter in einem Magnetfeld. Dadurch wird an den Endpunkten des Leiters eine elektrische Spannung induziert, die proportional zur Geschwindigkeit des Leiters im Magnetfeld ist. Das Ausgangssignal ist somit um 90° phasenverschoben zum Schalldruck an der Membran.
Tauchspulenmikrofone
Bei einem Tauchspulenmikrofon ist der Leiter als kleine Spule ausgeführt, die an einer Membran aus Kunststoff oder Metall befestigt ist. Die Spule befindet sich im Luftspalt eines starken runden Permanentmagneten. Der Aufbau funktioniert dabei umgekehrt ähnlich wie ein elektrodynamischer Lautsprecher.
Man kann das elektrodynamische Mikrofon mit einem Masse-Feder-System vergleichen. Die Masse wird durch die Membran und die Tauchspule gebildet, während die Aufhängung wie eine Feder wirkt. Wie das mechanische System hat auch das Mikrofon eine Resonanzfrequenz(1). Bei Tauchspulenmikrofonen liegt die Resonanzfrequenz zwischen etwa 150 Hz und 800 Hz, d.h. genau in der Mitte des nutzbaren Frequenzbereichs.
(1) Resonanzfrequenz = (lat. resonare: widerhallen; ist das verstärkte Mitschwingen eines schwingfähigen Systems) Bei einer Resonanzfrequenz stimmt die Eigenfrequenz eines schwingenden Systems mit der Frequenz der zugeführten Energie überein.
Im Resonanzfall wird die Auslenkung der Schwingung größer. In der Akustik bedeutet eine höhere Amplitude von Schallwellen einen höheren Schalldruck und damit eine größere Lautstärke. Bei Vernachlässigung der Dämpfung fallen die Eigenfrequenzen mit den Resonanzfrequenzen des Systems zusammen und schaukeln sich hoch.
Um einen halbwegs linearen Frequenzgang zu erreichen, muss daher die Membran bedämpft werden. Dies geschieht in der Regel durch das Einbringen von Dämpfungsmaterial.
Im Laufe der Jahre mussten die Mikrofonhersteller mit den geeigneten mechanischen Designs experimentieren, um einen weiten Frequenzbereich zu erzielen. Durch Hinzufügen von Dämpfungsmaterialien, Kammern, Kanälen usw. wurden brauchbare Ergebnisse erzielt. Ein Tauchspulenmikrofon wird jedoch aufgrund von Resonanzphänomenen fast immer Einfluss auf den Klang haben. Dies ist einer der Gründe, warum Mikrofone so unterschiedlich klingen.
Bändchenmikrofone
Bei einem Bändchenmikrofon wirkt das Schallfeld direkt auf den Leiter, der in der Regel aus einer dünnen Metallfolie besteht. Die Folie ist zwischen den Polen eines starken Dauermagneten aufgespannt.
Wenn sich das Bändchen bewegt, wird an seinen Enden eine Spannung erzeugt. Da sowohl die Spannung als auch die Impedanz sehr niedrig sind, wird das Bändchen an einen im Mikrofon selbst eingebauten Übertrager gekoppelt.
Die Masse der Folie ist sehr gering, oft weniger als 0,5 mg. Die Aufhängung ist unglaublich weich, so dass das System eine Resonanz im Bereich von 20 – 70 Hz aufweist. Es ist also nicht, wie bei Tauchspulenmikrofonen, die Dämpfung, die den Frequenzgang bestimmt, sondern hier ist es die Masse.
Erreicht der Schall beide Seiten des Bändchens, handelt es sich um ein reines Druckgradientenmikrofon mit einer Achter-Charakteristik. Die Polarität der beiden Keulen ist einander entgegengesetzt.
Bändchenmikrofone können auch akustische Kopplungen eingehen, wodurch sich andere Richtcharakteristiken ergeben.
Bändchenmikrofone sind aufgrund der locker aufgespannten Folie im Allgemeinen recht empfindlich gegenüber mechanischen Stößen und Windeinwirkung. Dafür haben sie eine relativ gute Transientenwiedergabe.
Kondensatormikrofone
Niederfrequenz (NF-) Kondensatormikrofone
Ein NF-Kondensatormikrofon besteht aus einer elektrisch leitenden Membran, die vor einer feststehenden Gegenelektrode aufgespannt ist. Wenn die Membran und die Gegenelektrode mit einer Vorspannung versorgt werden, wird zwischen den beiden Teilen ein elektrisches Feld erzeugt, ähnlich wie bei den Platten eines Kondensators. Dieses Feld strafft die Membran.
Wenn das Mikrofon beschallt wird, ändert sich der Abstand der Membran zur Gegenelektrode. D.h., die Kapazität ändert sich mit dem Schallfeld. Da die Ladung durch die elektrische Vorspannung konstant gehalten wird, ist die momentane Spannung des Kondensatormikrofons proportional zur Auslenkung der Membran aus der Neutralstellung.
Die Membran kann aus einer dünnen Metallfolie, z. B. aus Nickel, mit einer Stärke von 2-3 µm bestehen. Moderne Kondensatormikrofone haben Membranen aus einer Kunststofffolie mit einer aufgedampften Metallschicht, z.B. aus Gold. Diese Materialien ergeben eine geringe Masse; es kann jedoch notwendig sein, größere Membranen in ihrer Mitte zu stützen, damit die Membran und die Gegenelektrode nicht zusammentreffen und die statische Spannung kurzschließen.
Auch beim Kondensatormikrofonsystem gibt es eine Resonanz , die aber im Frequenzbereich deutlich höher liegt als bei einem dynamischen Mikrofon. Die Dämpfung der Membran erfolgt in der Regel durch die Luft, die sich zwischen der Membran und der Gegenelektrode befindet.
Aufgrund der geringen Kapazität des Mikrofonkondensators (~ 50 pF) ist das System sehr hochohmig. Daher ist es notwendig, eine Verstärkerstufe in der Nähe des Mikrofonsystems zu platzieren, um das Signal in Pegel und Impedanz an Kabel und nachfolgende Eingänge anpassen zu können. Die resultierende Impedanz liegt normalerweise zwischen 20 und 200 Ω.
Die Empfindlichkeit des Kondensatormikrofons hängt von der Polarisationsspannung (2) ab. Daher ist es möglich, verschiedene Richtcharakteristiken zu erhalten, indem man die Polarisation von entweder zwei getrennten Kapseln oder zwei Membranen, die auf jeder Seite einer gemeinsamen Elektrode angeordnet sind, kontrolliert.
(2) Polarisationsspannung = die elektrische Spannung, mit der die Membran eines Kondensatormikofons geladen wird
Die Grafik zeigt, wie man die drei Hauptcharakteristiken erhält: Kugel, Niere und Acht. Jede dazwischen liegende Variation ist ebenfalls möglich:
Vordere Membran 0 V
Mittelelektrode 25 V
Hintere Membran 0 V
Beide Membranen haben das gleiche Potenzial, 0 Volt, relativ zu den +25 Volt der Mittelelektrode. Diese Konfiguration führt zu zwei kardioiden (nierencharakteristisch) Mustern, die entgegengesetzt gerichtet, aber in Phase sind. Durch elektrische Summierung der beiden Signale erhält man kugelförmige Richtcharakteristiken.
Vordere Membran 0 V
Mittelelektrode 25 V
Hintere Membran 25 V
Zwischen der Mittelelektrode und der hinteren Membran, die inaktiv ist, besteht kein Potentialunterschied. Was bleibt, ist die Nierencharakteristik der Frontmembran.
Vordere Membran 0 V
Mittelelektrode 25 V
Hintere Membran 50 V
An beiden Membranen liegt im Vergleich zur Mittelelektrode ein Spannungspotenzial von 25 Volt an. Da jetzt jedoch die eine negativ und die andere positiv ist, sind die Signale der beiden Systeme entgegengesetzt phasenverschoben, was zu der Achtercharakteristik führt.
Hochfrequenz (HF-) Kondensatormikrofone
Das HF-Kondensatormikrofon enthält neben dem Mikrofonkondensator einen Hochfrequenzoszillator und eine Demodulatorschaltung. Im Gegensatz zum NF-Kondensatormikrofon wird an den Kondensator keine Polarisationsspannung angelegt.
Andererseits moduliert die durch den Schall verursachte Kapazitätsänderung die Hochfrequenz des Oszillators, die typischerweise bei etwa 8 MHz liegt.
Die Demodulatorschaltung ermittelt dann das NF-Signal. Das Prinzip des HF-Kondensatormikrofons wird nur von wenigen Herstellern angewandt. Es hat jedoch gewisse Vorteile, da es relativ unkritisch gegenüber Feuchtigkeit und Isolationsfehlern ist.
Elektretmikrofone
Das Elektretmikrofon funktioniert im Grunde wie ein NF-Kondensatormikrofon. Im Gegensatz zu diesem muss beim Elektretmikrofon jedoch keine externe Spannung an die Kondensatorplatten angelegt werden.
Das Elektretmikrofon enthält Materialien, die analog zu einem Dauermagneten elektrisch vorpolarisiert (Polarisationsrichtung = Schwingungsrichtung) werden. Materialien mit diesen Eigenschaften können entweder Kunststofffolien (Polyester, PVC, Teflon) oder keramische Elektretmaterialien sein.
Die Polarisierung erfolgt, indem das Material erhitzt und beim anschließenden Abkühlen einem elektrostatischen Feld ausgesetzt wird, das bei Folien ca. 20 kV/cm beträgt. Beim Ausschalten des Feldes behält das Material eine Ladung bei, die einer Polarisationsspannung von beispielsweise 100 V entspricht. Die Polarisierung kann auch ohne Wärmezufuhr erfolgen. Wenn das elektrische Feld stark genug ist, ist eine Erwärmung möglicherweise nicht erforderlich.
Die Folien können als Membran und das keramische Elektrodenmaterial als Gegenelektrode (Rückelektrodenmikrofone) fungieren.
Wenn für ein solches Mikrofon dennoch eine Batterie oder eine andere externe Spannung erforderlich ist, so liegt das an einem eingebauten Vorverstärker auch Impedanzwandler (3), der eine Versorgungsspannung benötigt.
(1) Die Membran eines Kondensatormikrofons ist eine sehr hochohmige Spannungsquelle, liefert also nicht genug Strom, um das Signal störungsfrei direkt über ein Kabel zum Mischpult zu leiten. Daher wird ein Impedanzwandler benötigt; er wird auch als Mikrofonverstärker bezeichnet.
Die Elektret-Materialien halten die statische Spannung inzwischen so gut, dass sie sogar in Messmikrofonen verwendet werden, bei denen sonst hohe Anforderungen an die Empfindlichkeit gestellt werden.
Digitale Mikrofone
- Analoge Mikrofone mit eingebauten AD-Wandlern
- Analoge Mikrofone mit zugehöriger digitaler Signalverarbeitung
- Halbleitermikrofone (hier nicht erwähnt)
Analoge Mikrofone mit eingebauten AD-Wandlern
Diese Gruppe von Mikrofonen werden im Wesentlichen als digitale Mikrofone bezeichnet. Das akustische Signal ist analog, ebenso wie die verwendete Mikrofonkapsel. Das System basiert jedoch darauf, dass das die akustischen Signale unmittelbar nach der Kapsel mit einem im Mikrofongehäuse eingebauten Wandler in einen digitalen Datenstrom umgewandelt wird.
Die digitalen Daten und der physische Teil der Schnittstelle basieren auf dem AES3-Standard. Im Jahr 2001 wurde eine Norm für die Schnittstelle veröffentlicht, die in Verbindung mit dieser Mikrofongruppe verwendet werden soll: AES 42-2001.
(aktuelle Version: AES42-2019). Die Norm ist allgemein anerkannt, und es wird erwartet, dass alle digitalen Mikrofone, die in der professionellen Tonproduktion eingesetzt werden, dieser Norm entsprechen.
Arbeitsweise
Bei den vorhandenen Mikrofonen befindet sich der Wandler unmittelbar nach der Mikrofonkapsel, die vom Typ Kondensator ist. Ein Dämpfungsglied, das die Dämpfung des Mikrofons sicherstellt, befindet sich in der Regel ebenfalls vor dem Wandler. Bei einem Kondensatormikrofon besteht ein Dämpfungsglied aus einem parallel zur Kapsel geschalteten Kondensator, wodurch die Ladung der Kapsel bei verringerter Empfindlichkeit reduziert wird.
Der eingebaute Wandler muss in der Lage sein, die Gesamtdynamik des Mikrofons zu bewältigen. Gute Mikrofonkapseln können einen Dynamikbereich von 125-140 dB haben, was mindestens die gleichen Anforderungen an den Wandler stellt. In der Praxis hat man Lösungen gesehen, bei denen eine Art Kaskadenkopplung von zwei Wandlern vorgenommen werden muss, um die erforderliche Dynamik zu erreichen.
für die Übertragung zweier digitaler Audiokanäle) / © DPA
Schnittstelle
Um mit der Außenwelt zu kommunizieren, muss der Ausgang des Wandlers auf eine standardisierte Schnittstelle formatiert werden. AES42-2019 basiert auf dem bereits bekannten AES3-Format. Dabei handelt es sich um eine serielle Schnittstelle, über die Audiodaten von zwei Kanälen zusammen mit verschiedenen nützlichen Statusinformationen wie der aktuellen Abtastfrequenz, dem Timecode, der Definition des analogen Referenzpegels usw. übertragen werden können. Das Signal kann über ein zweiadriges Kabel mit XLR-Steckern geführt werden.
AES42-2001 kann ebenfalls zwei Signale seriell in einem zweiadrigen Kabel übertragen. Das Interessante daran ist, dass gleichzeitig Fernsteuersignale an das Mikrofon übertragen werden können, zusammen mit einer Phantomspannung zur Versorgung des Mikrofons. Auf diese Weise wird es möglich, Dämpfung, Richtcharakteristik, Filterung und verschiedene Signalverarbeitungen über Steuergeräte oder Mischpulte einzustellen, die für digitale Mikrofone vorbereitet sind. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass das Mikrofon über diese Optionen verfügt.
Das AES42-2019-Signal kann in eine bestimmte Fernsteuerungskonsole oder in ein Mischpult eingespeist werden, wenn dieses ansonsten über einen digitalen Mikrofoneingang mit der Möglichkeit zur Steuerung der einzelnen Parameter verfügt. Für die digitale Synchronisation wird in der Regel ein externer Mastertakt benötigt, nicht zuletzt, wenn mehr als ein digitales Mikrofon verwendet werden soll.
Analoge Mikrofone mit digitaler Signalverarbeitung
Wenn besondere Eigenschaften gewünscht sind, beispielsweise hinsichtlich der Richtcharakteristik , kann eine digitale Signalbearbeitung vorteilhaft eingesetzt werden.
Ein Beispiel: Das Townsend Labs Sphere ist ein Doppelmembranmikrofon, das über ein digitales PlugIn gesteuert werden kann. Im PlugIn werden die einzelnen Membransignale verarbeitet, um den charakteristischen Klang verschiedener Mikrofone zu imitieren.
Ein weiteres Beispiel für die digitale Verarbeitung ist ein Array-Mikrofon wie das em32 Eigenmike® microphone von MH Acoustics. Dieses Mikrofon enthält 32 analoge Kapseln (Elektret), die auf der Oberfläche einer starren Kugel angeordnet sind.
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Hier zum Abschluss noch eine Übersicht von DPA Mikrofonen bei Thomann …
Dieser Beitrag erschien zum ersten Mal am 11.07.2022 auf dpamicrophones.de/mikrofon-universitaet
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