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Donnerstag, November 21, 2024
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StartTechnik1. TontechnikIn-Ear-Monitoring – der Knopf im Kopf

In-Ear-Monitoring – der Knopf im Kopf

Vorab

Wer mit „Knopf im Ohr“ auf der Bühne rumläuft, ist aller Wahrscheinlichkeit nach kein animiertes Mitglied der berühmten Steiff-Stofftier Familie. Bei uns geht’s eher um die akustische Kontrolle für Musiker auf der Bühne und die führt nun mal über die Gehörgänge. Hier lernst Du alles über die Funktionsweise, die Komponenten, die praktische Anwendung und erhältst wichtige Kriterien, die Dir die Auswahl erleichtern.

Fester Bestandteil des Bühnenmonitorings

Bei vielen Stars oder auch regelmäßig spielenden Künstlern ist mittlerweile das sogenannte „In-Ear-Monitoring“ zum festen Bestandteil der Bühnenmonitoring, also der akustischen Selbstkontrolle geworden.

Wo früher viele große Monitorlautsprecher die Bühne dominierten, sieht man heute oft Musiker, die sich lediglich über Ohrstöpsel mit den nötigen musikalischen Informationen versorgen. Wir schauen uns mal an, was diese eindeutig platzsparende Monitorvariante eigentlich für den Musiker bedeutet.

Wie funktionierts?

Grundsätzlich hat der Musiker 2 Hörkapseln im Ohr, die durch einen vorgeschalteten Verstärker mit dem gewünschten Signal gespeist werden.
Es gibt:

  1. Drahtgebundene Systeme für Musiker, die sich nicht auf der Bühne bewegen, also Kopfhörerverstärker oder Mischpult (Kopfhörerausgang).
  2. Drahtlose Sendesysteme für z. B. Sänger oder Gitarristen. Hier wird das entsprechend vorgemischte Signal in einen stationären Sender eingespielt und von dort aus über einen batteriebetriebenen Empfänger/Verstärker, den der Musiker trägt (Gürtelempfänger) zu den Hörkapseln übertragen.

Die nötigen Komponenten

Professionelle Lösungen mit Standardformteilen werden von vielen Firmen angeboten wie Shure, Sennheiser, Hearsafe, Fischer-Amps, InEar etc. In aller Regel bezahlt man hier ab ca. 150 € aufwärts für ein Set. Die höherwertigen Systeme sind als Mehrwegesysteme ausgeführt. In Spitzenmodellen werkeln bis zu 10 Schallwandler (!) pro Ohrseite.

Tragekomfort

Manche Musiker arbeiten auch mit Hörgarnituren von z. B. Sony für ca. 50 €. Erfahrungsgemäß fehlt hier meist einerseits der Tragekomfort, andererseits sterben die Teile (Hifi) oft an mechanischer Überforderung oder elektrischer Überlastung. Wer möchte, kann sich beim Akustiker auch individuell angepasste Formteile anfertigen lassen. (ca. 200 € ) Dabei muss man sich allerdings definitiv für einen Hörer entscheiden, da dieser ebenfalls abgeformt wird und hinterher ins Formteil eingeklickt wird.

Individualberatung

Otoplastiken werden mit guter Individualberatung auch als Komplettservice von deutschen Firmen wie z.B. InEar oder Hearsafe angeboten. Mittlerweile gibt es dort auch universelle High-End-Systeme, die meist über bessere Passeigenschaften als individuell angepasste Systeme verfügen.

1. Drahtgebundende Verstärkung

Viele Musiker arbeiten hier mit dem Kopfhörerausgang geeigneter Mischpulte (Mackie etc.) und können sich damit auch großartig ihre eigene Mischung erstellen. Tipp: Immer testen, ob der Kopfhörerausgang auch genügend Leistung zur Verfügung stellt.

Abb 2: Universal-Kopfhörer-Verstärker;
Fischer In Ear Stick

2. Universalkopfhörerverstärker

Firmen wie z. B. Hearsafe oder Fischer bieten spezielle In-Ear Verstärker in unterschiedlichen Größen an. Teilweise sind diese sehr kompakt und können am Körper getragen werden. Features  können EQ, Limiter oder eine kleine Mischeinheit sein.

Abb 3: Drahtlose Einheiten;
Shure P2TR112GR IN-EAR
Monitoring Set

3. Drahtlose Einheiten

Diese Einheiten gibt es ab ca. 200 € aufwärts, in guter Ausführung ab ca. 800 € von z. B. dB, LD_Systems, Sennheiser oder Shure. Hier sollte man auf eine vernünftige mechanische Ausführung, sowie den passenden Sendebereich und eine variable Frequenzwahl achten (falls es zu Störungen kommt). Hier ist ebenfalls meist ein Limiter integriert der ungewollte, extrem laute Störgeräusche von den Ohren fernhält.

Abb. 4: Der EW IEM G4 Twin
von Sennheiser

Es gibt natürlich viele verschiedene Anbieter. Für jeden individuellen Zweck ist da das Richtige dabei. Hier noch ein Beispiel von Sennheiser:

Die 7 Vorteile von In-Ear Monitoring

  1. keine Monitorboxen, keine Amps = Platzersparnis, kein Schleppen
  2. nicht teurer als konventionelles Monitoring
  3. Kein undifferenzierter Lärm mehr von der Bühne
  4. Kein Rückkopplungspfeifen von der Monitoranlage
  5. Immer der gleiche glasklare Sound, egal welche Raumakustik oder welcher Platz auf der Bühne. Dabei kann der komplette Bandsound schon im Proberaum eingestellt werden, idealerweise mit einem Digitalpult (dazu schreibe ich noch ein extra Beitrag).
  6. Die Umgebungslautstärke wird reduziert. Man kann sich bei geringer Lautstärke besser hören (= keine Gehörschäden). Wichtig: Manche Firmen bieten Hörer mit einstellbarer Dämpfung an. So kann man seinen persönlichen „Stage-Anteil“ im Gesamtsound einstellen.
  7. Besserer Publikumssound, da leisere Pegel gefahren werden können. Der FOH Sound wird nicht durch lautes Monitoring zugematscht und die Einzelsignale kommen sauberer am Mischpult an.

Dinge, an die man sich gewöhnen muss

  • Man ist abgeschlossener von der Umgebung und hört das Publikum schlechter. Die Lösung bietet hier ein Mikrofon, das, auf´s Publikum gerichtet, mit auf den Monitormix gelegt wird (Ambience-Mikro).
  • Drummer vermissen oft den typischen Punch in der Gegend um den Solar Plexus. Das läßt sich leicht durch einen Körperschallübertrager (Bodyshaker) oder einen Zusatzmonitor (mit den basslastigen Instrumenten drauf) kompensieren.

Unsere Erfahrungen

Anfangs sind InEar-Systeme oft beratungsintensiv, denn die gesamte Kommunikation auf der Bühne ändert sich etwas. Man muss sich im Verlauf von einigen Proben und Konzerten umgewöhnen, doch danach ist so ein System das Mittel der Wahl. Gut ist es, wenn der Einsatz im Proberaum als Eingewöhnungsphase bestens genutzt wird.

Als Nearfill direkt vor der Bühne setzen wir jetzt oft 2 Lautsprecher ein, die die nun fehlenden Signale generieren. Im Problemfall werden diese Lautsprecher umgedreht und als „Notmonitor“ benutzt.

Historisches am Rande: Vermutlich geht die Entwicklung des ersten In-Ear Systems auf eine Idee von Gus Backus aus dem Jahr 1965 zurück. Der folgende Link sollte nur von den Hartgesottensten unter Euch angeklickt werden, Ihr infiziert Euch sehr wahrscheinlich mit dem sehr gefährlichen OHRWURM.

Eine gute Übersicht über IN-EAR Komponenten findet ihr hier bei Thomann.

Vorausschau:

In der Planung habe ich einen weiteren Beitrag, wie Ihr Euch bühnentechnisch komplett unabhängig von Eurem FOH Techniker macht. Das ist ein bewährtes System, mit folgenden Eigenschaften: – Kompakt – schnell – immer der gleiche gute Sound – je nach Ausbaustufe super preiswert.

Wie sind Eure Praxiserfahrungen zum Thema Stagemonitoring? Schreibt uns einen Kommentar!

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Jörg Kirschhttp://www.kirsch-veranstaltungstechnik.de
Jörg Kirsch studierte ab 1981 Elektrotechnik in Kaiserslautern. An der Universität leitete er zwei Jahre lang das Kulturreferat und startete parallel dazu seine Firma für Veranstaltungstechnik mit eigener Ingenieur- und Entwicklungsabteilung. Auf sein Konto gehen weit mehr als 10.000 persönlich betreute Veranstaltungen, unter anderem die Realisation eines Bon-Jovi Konzertes zusammen mit Jet-West. Als gefragter Partner für Eventberatung ist er für mehrere Firmen tätig, u.a. als Bühnenmeister für das Kulturreferat Kaiserslautern. Mit seiner Firma betreut er mehrere Eventlocations, entwickelt spannende Veranstaltungsformate und bietet Ausbildungen im Veranstaltungsbereich. Persönlich liegt ihm der Support und die Entwicklung junger Künstler am Herzen. Mit Begeisterung engagiert er sich in mehreren Netzwerken, um auch hier die regionale Kulturszene zu fördern.

1 Kommentar

  1. Klasse Beitrag. Genau so ist es. Wobei das mit der Überzeugungsarbeit möglicherweise die größte Hürde ist.

    Bei meiner vorletzten Band hab‘ ich 2013 angefangen, für den Einsatz von IEMs zu werben: Die Rhythm Section (allesamt Technik-Fans) waren dafür, die Sänger wollten auf ihre Floormonitore nicht verzichten. Ergebnis: Vorhaben gescheitert.

    Bei der nächsten Formation starteten wir im Jahr 2016 mit IEMs, benötigten aber drei Jahre, bis auch der letzte Musiker auf seine Wedge verzichtete. Bei meiner jüngsten Band dauerte es gerade mal zwei Wochen, dann war die Entscheidung gefallen. Heute will keiner der Musiker mehr darauf verzichten.

    Neben den im o. a. Artikel genannten Vorteilen gefällt mir:

    • Nach der Probe oder dem Konzert kein Pfeifen mehr in den Ohren
    • Viel präziseres und exakteres Zusammenspiel
    • Kein unprofesioneller Dialog zwischen Bühne und FOH Konsole
    • Deutliche Stressreduktion bei allen Beteiligten, weil jeder Musiker seinen Monitormix selbst per App vornimmt.

    Jetzt bin ich schon ganz gespannt darauf zu erfahren, wie man sich bühnentechnisch komplett unabhängig von seinem FOH Techniker macht, der froh ist, wenn er nicht zu jedem kleinen Club Gig mitkommen muss.

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