Lichtinstallationen sind gierige Stromfresser / © Daria Dyachenko for Unsplash
Nachdem wir in Teil 1 die wichtigsten Zusammenhänge und Grundlagen der Netzversorgung kennengelernt haben, geht’s heute um die Analyse und Behebung der häufigsten Fehler – also Fehler, die einem die Veranstaltung so richtig vermiesen können.
Im Folgenden möchten wir die denkbaren Probleme nach diesem Schema abarbeiten:
Problem → Folge → Lösung
Problem: Neutralleiter und Außenleiter sind in der Verteilung vertauscht!
Folge: Am Verbraucher kommen anstelle von 230V saftige 400V an. Das bedeutet so gut wie immer den kompletten Geräteausfall.
Lösung: Immer vor Geräteanschluß die Netzversorgung durchmessen. Sinnvoll ist zusätzlich eine Spannungsüberwachung mit automatischem “Lastabwurf” (kostet jedoch ein bisschen was)-
Problem: Nullleiter fehlt oder macht schlechten Kontakt
Folge: Die komplette Phasengeometrie ist gestört, am Verbraucher können je nach Außenleiterbelastung zwischen bis 0V bis 400V ankommen. Wieder Geräteausfall durch Überspannungsschäden.
Lösung: Wie oben.
ACHTUNG: Wenn ihr euch irgendwo ein CE-3-Phasen Verlängerungskabel leiht, messt dieses unbedingt durch, ob alle 5 Kontakte richtig belegt sind. Bei vielen Maschinen ist der Kabelsatz nur 4-adrig, der Nulleiter fehlt (Bauernstrom). Und schon haben wir das Problem der fehlenden Nullleiters.
Problem: Ein Außenleiter ist spannungsfrei
Folge: Die angeschlossenen Geräte auch.
Lösung: Stromversorgung und Sicherungen prüfen , gegebenenfalls umstecken (das geht z.B. bei 3-phasig angeschlossenen Dimmern schlecht).
Problem: Unterspannung allgemein
Folge: Einige Geräte streiken oder schalten ab (merkt man oft bei Keyboards), konventionelle Endstufen bringen nicht mehr die volle Leistung.
Lösung: Entweder ist die Zuleitung zu lang und/oder zu dünn. Dann fällt ein Teil der Spannung auf den Leitungen ab und erreicht eure Geräte nicht mehr. Daher sind dickere und kürzere Leitungen besser sowie nähere und/oder mehrere Anschlußorte. Für kleinere Verbraucher, wie z.B die Keybords, kann sich auch die Anschaffung einer USV (= Unterbrechungsfreie, akkugepufferte Stromversorgung, wie man sie auch aus sensiblen Medizinalbereichen oder als PC-Puffer kennt) oder eines Spannungskonstanters rentieren. Diese regulieren bei wechselnden Eingangsspannungen von 150 – 250V automatisch auf 230V. Es rentiert sich immer, die direkt an den Geräten anliegende Spannung zu kontrollieren (Multimeter oder Spannungsmesser), auch unter „Arbeitsbedingungen“, also wenn die gesamte Bühne „spielt“.
Problem: Zuleitungen oder Stecker werden heiß oder brennen ab
Folge: Musik aus und vielleicht noch zusätzlich ein kleiner Feuerlöschertest.
Lösung: Die Leitungen/Stecker sind zu dünn für den fließenden Strom, außerdem ist wohl auch der Leitungsschutz (Sicherung) überdimensioniert. Daher nehmt ihr besser dickere Kabel oder verteilt die Gesamtlast auf mehrere Kabel. Faustregel: für nicht gebündelte freiliegenden Leitungen kann man einen Strom von 10 A/mm² zulassen.
Problem: Der PE (Schutzleiter) fehlt
Folge: bei Verdrahtungs- oder Isolationsfehlern kann der Strom über euch (als Ersatz-Erdleiter) gegen die Erde abfließen. Das kribbelt nicht nur ordentlich sondern hat auch schon Menschenleben gekostet.
Lösung: Spannungsversorgung auf korrekte Erdung nachkontrollieren, alle Bühnenteile und angeschlossenen Geräte gemeinsam auf einen Potentialausgleich (z.B. Erdstab) legen. Unbedingt einen RDC (Fehlerstromschutzschalter, auch bekannt als FI) mit einem Auslösestrom von 30 mA in die Zuleitung setzen und auch auf Funktion testen. Dieser RDC ist eure Lebensversicherung und auch in einer sehr kompakten mobilen Version erhältlich, die man einfach an eine Schukosteckdose anschließen kann.
Noch ein paar wichtige Tipps zum Schluss
Schließt eine Elektronikversicherung für eure Geräte ab, die auch Spannungsschäden abdeckt und schreibt in euren Engagement-Vertrag, dass der Veranstalter für Schäden haftet, die durch eine fehlerhafte Stromversorgung entstehen und dass diese den aktuellen DIN / VDE 0100 Vorschriften entsprechen muss.
Kauft euch einen anständigen Stromverteiler, der sieht z.B. als 16A /3 phasig CE Schuko so aus: Je anliegender Phase eine Leuchtanzeige oder eine hintergrundbeleuchtete 400V Drehspulanzeige sowie eine Leuchtanzeige, die anzeigt, ob versehentlich Nullleiter und ein Außenleiter vertauscht anliegen.
Komfortable Verteiler verfügen je Phase über eine Spannungs-/ Stromanzeige, mindestens einen RDC und je nach Anwendung über die entsprechende Anzahl an Schuko- und CE-Anschlüssen.
Wer den ganz großen Luxus liebt, der investiert auch noch in eine globale Netzüberwachung mit Datenlogger
- Wenn ihr irgendwo spielt, lasst euch immer den Sicherungskasten zeigen und sorgt dafür, dass ihr während der Veranstaltung und des Soundchecks immer freien Zugang dazu habt. Falls mit Schmelzsicherungen (Neozed) gearbeitet wird, sollten Ersatzsicherungen vorhanden sein.
- Und noch ein letzter Tipp: Sobald ihr im öffentlichen Bereich auftretet, seid ihr verpflichtet, eure elektrischen Verbraucher der Prüfung ortsveränderlicher elektrischer Betriebsmittel I DGUV V3 zu unterziehen und den Nachweis dafür vorzulegen. Nicht geprüfte Geräte dürfen nicht in Betrieb genommen werden. Das wird in den meisten Locations tatsächlich auch so gehandhabt.
Soviel für heute. Eure Fragen, Tipps und Erfahrungen platziert gerne unten in den Kommentaren.
Wir sind Affiliate Partner bei THOMANN! Wenn du vorhast, demnächst Equipment zu shoppen und unsere Arbeit gerne unterstützen möchtest, nutze einfach diesen Link!
Es entstehen dir keine Zusatzkosten, aber wir erhalten eine kleine Provision.
Dafür schon mal vielen Dank 🙂
Folge uns jetzt auf Instagram, Facebook & YouTube und verpasse keine Artikel
und spannende Infos mehr!
Außerdem interessant: Unsere Facebook-Gruppe StageAID-Talk!