IEM Headset mit der X32-Q App zur Steuerung des persönlichen IEM Mix / © Chris Hinz
In den vergangenen Jahren sind InEar Monitoring Systeme (IEM) immer erschwinglicher geworden. Deshalb entscheiden sich immer mehr Bands, auf ihre schweren und lauten Floor Monitore (Wedges) zu verzichten und stattdessen mit kleinem Gepäck auf Tour zu gehen …
Die Vorteile sind unbestritten: Nach Proben und Konzerten klingeln eure Ohren nicht mehr und die Gefahr einer dauerhaften Schädigung eures Gehörs ist vorerst gebannt. Durch die Verringerung der Lautstärke auf der Bühne kann man einen deutlich besseren FOH Mix erzielen und – so meine Erfahrung bei mehreren Bands – die Musiker spielen wesentlich kompakter und präziser (tight).
Der Kontakt zum Publikum mit IEM gestaltet sich schwierig
Früher oder später aber startet bei allen Anwendern von IEM-Systemen die Diskussion, was zu tun ist, um beim einem klaren, aber von der akustischen Außenwelt abgeschotteten IEM-Signal die Publikumsreaktionen besser hören zu können.
In der Tat: Sitzen eure EarPlugs des IEM-Systems richtig (oder ihr verwendet sogar schon sogenannte Otoplastiken = individuell angepaßte EarPlugs), hat man einen Stereomix, der zum Teil sogar noch besser ist als der Höreindruck des Publikums.
Der Nachteil von InEars: Die Interaktion mit den Fans wird erschwert,
weil die Saalgeräusche absorbiert werden und die Umgebung
akustisch nicht wahrgenommen wird
Sitzen die InEarPlugs jedoch zu locker, hat der IEM Mix keinen Bass mehr. Aber so bekommt ihr jetzt besser mit, was im Saal abgeht. Dies führt gelegentlich dazu, dass einzelne Anwender nur einen der beiden IEM-Kopfhörer nutzen, was aber die Vorteile des Einsatzes von IEM-Systemen zunichte macht und die Funktion des Gehörschutzes nicht mehr gegeben ist.
Eine Lösung: Ambience Mikrofone
Dieses Problem ist auch den Herstellern bekannt. Inzwischen gibt es Anbieter, die diese Earplugs derart modifizieren, sodass sie für einen Teil der Außengeräusche durchlässig werden. Andere Hersteller haben zusätzliche Bodypacks entwickelt, die einen Teil der Umgebungsgeräusche per Mikrofon aufnehmen und dann dem IEM Signal beimischen.
Eine relativ preisgünstige und in vielfacher Hinsicht nützliche Lösung ist die Verwendung von Ambience Mic´s, einem Mikrofonpaar, das am rechten und linken Bühnenrand platziert wird und auf die Zuhörer gerichtet sind.
Die Umgebung, diese einzigartige Liveatmosphäre, wird stereophonisch
mit zwei Mikrofonen links und rechts der Bühne aufgenommen
und dem InEar-Mix beigemischt
Das allein ist schon deswegen interessant, weil mittlerweile viele Bands ihre Shows auf 8, 16 oder gar 32 Spuren mit der für das X32 erhältlichen X-LIVE Expansion Card aufnehmen und dann mit den beiden Ambience Mikrofonen die Live Atmosphäre perfekt einfangen.
Allerdings würdet ihr es schon als störend empfinden, wenn die Signale der Ambience Mikrofone auch immer dann dem IEM Mix hinzugefügt werden, wenn die Band in Action ist. Das hätte zur Folge, dass das sehr saubere IEM Signal von dem über die PA verstärkten FOH Mix überlagert wird, was dann zu einem indifferenten Klangbild, Verzerrungen sowie Delays führt.
Ducking by Side Chain
Um diesen Effekt zu vermeiden, gibt es eine relativ simple Technik: Ducking by Side Chain . Dabei werden die Signale der Rhythm Section (Drums, Percussion, Bass, Keys und Gitarren) in einem Mixbus zusammengeführt, der als Sammler für die Ansteuerung des Compressors der beiden Ambience Mikrofone fungiert.
Auf diese Weise werden die Publikumsgeräusche automatisch unterdrückt, sobald eines der Instrumente der Rhythm Section aktiv ist. In der Songpause und bei aCappella Parts können sich die Sänger*innen, deren Mikrofone nicht dem Mixbus zugeführt werden, dann problemlos mit dem Publikum unterhalten und deren Reaktionen in tollem Stereo Sound über das IEM-System hören.
Ihr wollt das mal ausprobieren? Dann empfehle ich euch, im Vorfeld der Probe oder des nächsten Konzerts einen virtuellen Soundcheck zu machen, bei dem ihr die für euch am besten geeignete Einstellung sucht. Schickt dazu einfach eine eurer aktuellen Aufnahmen über das X32 und trennt in Rhythm Section und Vocals.
Eure Instrumente, und euer Gesang – beide werden auf
zwei Kanäle gesplittet und sobald ihr zu spielen anfangt,
wird die Audience-Akustik unterdrückt,
die über den Rhythm-Section-Kanal läuft …
Anstelle der beiden Ambience Mic´s könnt ihr für den Testlauf auch ein beliebiges anderes Stereo Signal oder weißes Rauschen des im X32 eingebauten Noise Generators verwenden. Benutzt da die SEND Funktion, um die Kanäle Eurer Rhythm Section zu Mixbus 15 zu schicken. Dieser Mixbus hat lediglich eine (technische) Sammler Funktion und sollte daher nicht zu den IEM Ausgängen (auf den nachfolgenden Screenshots: Mixbuses 1 bis 14) oder MAIN R/L geroutet werden.
Mit den nachfolgenden Einstellungen des Compressors der beiden Ambience Noise Kanäle habe ich gute Erfahrungen gemacht (siehe nachfolgende Screenshots der App X32-Mix ):
- Type: COMP
- Mode: AUTO / RMS
- Threshold: -50
- Ratio: 100
- Gain: 12
- Knee: 5
- Mix: 100
- Key Source: Bus 15 (der Sammler der Rhythm Section, s. Text)
Die Grafik „Signalfluss“ veranschaulicht die Funktionsweise. Achtet darauf, dass die Eingangssignale der Ambience Mikes NICHT zum FOH Mix (Main L/R) geroutet werden. Da viele X32 Varianten (Rack, Compact, Producer) lediglich über 16 physische XLR Eingänge verfügen, habe ich die 14+2 Konfiguration in meinem Beispiel verwendet.
SideChain Kompression
Übrigens könnt Ihr diese Art der SideChain Technik auch für andere Zwecke verwenden. Anstatt beispielsweise den Gesang auf das Gesamtvolumen der Band zu packen, könnt ihr bei lauten Gesangspassagen mit der SideChain Technik die Summe der Rhythmus Section etwas dämpfen (duck ).
Und für die DeeJay*ne´s oder Radiomoderatoren unter Euch: Bei Euren Ansagen könnt Ihr auf diese Weise automatisch den Pegel der Hintergrundmusik absenken. Auch lässt sich so der vorrangig im House- und Technobereich genutzte Pumpeffekt(1) erzeugen.
Wie immer gilt es, solche Einstellungen behutsam und mit dem notwendigen Fingerspitzengefühl anzugehen. Aber keine Scheu, probiert’s einfach mal aus.
(1) Anfangs vor allem im klassischen French House genutzt: die Sidechain-Kompression, auch bekannt als Pumpeffekt. Mittlerweile findet sich der Effekt in nahezu jedem Genre der elektronischen Musik, ob Techno, Deep House oder im Ambient. Manchmal auf einzelnen Spuren, andere Male über den gesamten Mix gelegt.
Beim Pumpeffekt verdichtet ein Kompressor das Signal auf recht radikale Weise, wobei ein Instrument die Intensität der Kompression zusätzlich steuert. Das kann zum Beispiel eine Bass-Drum-Spur sein, die, sobald sie ertönt, den Kompressor aktiviert.
Eine der häufigsten Anwendung für Sidechain-Kompression ist sicherlich, Kick und Bass vernünftig miteinander zu verschmelzen. Schnell und einfach erzielt man gute Ergebnisse, wenn man Sidechaining dafür einsetzt, die Bass-Spur immer dann wegzudrücken (Ducking), wenn die Kick gerade spielt. (Quelle: elektronische-musik-produzieren.de)
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