Bandung 15 Juli 2021 : „Play your music with sound mixer Behringer X32“ / © Shutterstock
Anlässlich unserer 10 Jahre Behringer X32 Reihe hat es sich unser Mitarbeiter Chris nicht nehmen lassen, bei einem Milchkaffee in seinem Lieblingslokal, einen kurzen aber knackigen Beitrag zu verfassen: „Bei meinen Konzerten komme ich immer mal wieder mit unterschiedlichen Tontechnikern in Kontakt. Alle haben inzwischen eines gemeinsam: Sie verwenden ausnahmslos Digitalkonsolen …“
Bei den riesigen Analogpulten früherer Tage konnte der geübte Tonmeister auf Anhieb an der Reglerstellung erkennen, wo es bei Feedback eventuell Handlungsbedarf gab. Bei den heutigen Digitalpulten, die mit einer Vielzahl von Layers und Bedien-Ebenen daherkommen, ist das ungleich schwieriger, muss man doch zunächst den Hardware-Aufbau und die Software-Architektur des jeweiligen Geräts verstehen.
Dokumentation ist alles
Wenn man dann noch – wie bei den Rack Versionen der beliebten 32 Kanal Mixer von Behringer, MIDAS und Co. – auf jegliche Fader, Regler und Buttons verzichtet und lediglich mit einem Laptop oder Tablet die Konsole konfiguriert und ein komplettes Konzert damit fährt, kommt man um eine Dokumentation der relevanten Einstellungen nicht herum.
In der Regel beginnt es mit dem Technical Rider (lies dazu auch: „Der “Technical Rider” – 6 Punkte, die reingehören!) der Band. Viele Tontechniker fordern ihn zwar im Vorfeld der Veranstaltung an, legen ihn aber oft gleich wieder enttäuscht weg: Er mag zwar optisch gelungen sein, enthält aber oft nicht alle erforderlichen Informationen oder ist schlichtweg veraltet. Und sehr oft höre ich: “ … am Schluss kommt es doch ganz anders“.
Ein übersichtlich strukturierter und tagesaktueller Technical Rider, der sich auf das Wesentliche beschränkt, ist daher ein perfekter Einstieg und ein MUSS für jede Band. Auf diese Weise kann der Tontechniker bereits ein paar Tage vor der Veranstaltung in aller Ruhe sein Pult entsprechend vorbereiten und so unnötigen Zeitdruck am Set vermeiden.
Vor dem Fixing stehen zahlreiche Fragen …
Dabei sind die Fragen recht simpel: Wieviel Eingänge benötigen die Musiker? Welches Instrument oder Mikrofon liegt an welchem der Kanäle an? Welche Kanäle werden stereo gefahren? Welche Instrumente werden über DI Boxen angebunden? Welche der Eingänge benötigen Phantomspannung?
Eine Liste und die einfache Darstellung
eines Bühnenlayouts beantwortet die meisten Fragen
Übrigens: Auch so manch aktive DI-Box und die inzwischen recht beliebten Optogates (automatischer Mikrofonschalter, durch optischen Näherungsschalter gesteuert) verlangen 48 Volt. Welche Mikrofone bringt die Band selbst mit, was muss gegebenfalls vom Veranstalter gestellt werden? Eine knappe Liste und einfaches Bild des Bühnenlayouts können viele Fragen beantworten.
Erfolgen Monitor- und FOH Mix vom selben Pult oder über separate Konsolen? Falls Letzteres der Fall ist, wie werden sie miteinander verbunden? Verwenden sie dasselbe digitale Protokoll (Anschluss per CAT Kabel) oder ist eine analoge Splitbox erforderlich, weil die Konsolen von unterschiedlichen Herstellern stammen? Wie sind die Monitore oder IEM Transmitter physisch und logisch angebunden? Welche Frequenzen werden von den IEM Kits sowie den Mikrofon-, Bass- und/oder Gitarrensendern belegt?
Funktioniert das WLAN? Läuft der Funk störungsfrei?
Werden die Musiker ihren Monitor Mix via WLAN selbst fahren? Ist der dafür erforderliche WiFi-Router leistungsfähig genug, um auch bei vollem Saal die ungewollten Login Versuche der Smartphones der Besucher abzuwehren? Lest dazu auch den Beitrag: Das X32 und der Router – immer für Überraschungen gut – Oder: Warum es im Proberaum funktioniert, nicht aber auf der Bühne. Ein Erfahrungsbericht
All das im Kopf zu behalten, ist vermutlich nur wenigen Experten möglich. Meine Erfahrung: Die Dokumentation aller relevanten Einstellungen erleichtert die Vorbereitung und ermöglicht im Störungsfall eine rasche Fehleranalyse und –Behebung. Wenn man darüber hinaus jene Übersicht ergänzt um kurze Checklisten für Vor- und Nachbereitung der Konzerte sowie die bei Mehrspuraufnahmen verwendeten SD Ram Cards, kann eigentlich nichts mehr schief gehen.
Eine gut dokumentierte Timeline mit
allen Einstellungen erleichtert die Fehlersuche
Sind all diese Fragen beantwortet und der Mixer entsprechend konfiguriert, geht es zum Soundcheck. Selbst wenn man wie ich mit ein und derselben Band über mehrere Jahre bereits fast hundert Konzerte absolviert hat, überrascht es doch immer wieder, dass einzelne Signalquellen immer wieder eine Anpassung des Gains erfordern. Das mag an den räumlichen Gegebenheiten der einzelnen Bühne oder den Reflexionen und Resonanzen des Veranstaltungsraums liegen. Nicht selten aber ist es so, dass Bass und/oder Gitarre bei einem Konzert zu leise und beim nächsten Mal viel zu laut sind. Da sind Keyboarder mit den pro Preset abspeicherbaren Volumen etwas besser dran.
Wer ist der Lauteste? Oder: Ich hör´ mich nicht …
Hinzu kommt die Unart, beim Soundcheck nicht mit Maximal-Lautstärke zu spielen. Während des Konzerts wird dann von einzelnen Musikern gerne nochmal etwas dazu gegeben. Was sie dabei vergessen ist die Tatsache, dass damit nicht nur der vom Tontechniker vorher sorgfältig ausbalancierte FOH-Mix leidet, sondern auch die Mitmusiker beginnen, hektisch an ihren Smartphones und Tablets die Fader zu bewegen, um ihren IEM Mix wieder unter Kontrolle zu bekommen. Daher hat sich gewiss schon so mancher Sound Guy gewünscht, unmittelbar nach dem Soundcheck die Laustärkeregler an allen Instrumenten und Effektboards mit einem Tropfen Heißkleber fixieren zu können …
Die Musiker und die Voreinstellung des Sounds:
Finger weg vom Lautstärkeregler!
Zu Beginn des Soundchecks …
Der Tontechniker braucht natürlich vorab den Ausdruck der tagesaktuellen Setlist. Dabei dürften ihn dort Tonarten und Tempo der einzelnen Songs weit weniger interessieren als das, was während der einzelnen Songs passiert.
Wir haben dazu in der von uns genutzten App „Bandhelper“ (wer „Bandhelper“ noch nicht kennt, liest bitte dazu: Die “Papierlose Bühne”? Klar, mit der richtigen App geht das ) auf Song-Ebene ein eigenes Feld angelegt, worin in knappen Worten beschrieben ist, worauf beim Mix zu achten ist. Es liegt auf der Hand, dass es bei uns dasselbe Blatt nochmal mit Angaben für die Lichtregie gibt.
Das Konzert war ein voller Erfolg, alle sind zufrieden und die Fans verlassen nach und nach den Saal. Doch statt sofort abzubauen, gibt es bei der Nutzung von Digitalpulten noch zwei aus meiner Sicht extrem wichtige Schritte:
- Der unschlagbare Vorteil digitaler Konsolen und Racks ist die Tatsache, dass sie sich Einstellungen merken und diese abspeichern können. Wenn also der Aufwand, den der Tontechniker betrieben hat, um die Band korrekt anzuschließen und einen guten FOH zu zaubern, nicht verloren gehen soll, weiß er, dass er mit dem BACKUP > EXPORT Befehl einen kompletten Abzug aller Einstellungen auf einem handelsüblichen USB Stick speichern kann (beim X32/M32 zu finden auf der Seite SETUP > GLOBAL).
- Der Vorteil: Sollte er die Band ein zweites Mal mischen, verkürzt sich damit seine Vorbereitungs- und Rüstzeit auf ein Minimum: Einfach den USB Stick am Pult einstecken, das Backup Directory der betreffenden Band suchen und den RECOVER Befehl starten. Nach wenigen Sekunden ist das Pult in exakt jenem Zustand, den die Band vom Ende des letzten Konzerts kannte.
- Sofern man den FOH-Mix auf einem im Pult eingesetzten USB Stick mitgeschnitten oder gar eine Mehrspuraufnahme auf der optional erhältlichen (X-LIVE) Expansion Card gemacht hat, ist es wichtig, die damit angelegten Audio-Dateien korrekt abzuschließen. Vergisst man diesen Schritt oder zieht einfach den Stecker, sind jene Aufnahmen unwiederbringlich verloren.
- Einige Konsolen wie z.B. das Behringer X32 und das Midas M32 verfügen deshalb über einen eigenen Menüpunkt, der genau diese Aufgabe übernimmt und das Pult geordnet herunter fährt. Er heisst SHUTDOWN und ist beim X32 bzw. M32 auf der Seite SETUP > GLOBAL > SYS CONTROL zu finden.
Und jetzt kann´s entspannt an’s Abbauen gehen. Dann heißt es rasch Verladen, bevor es in’s Hotel oder nach Hause geht. Dank der abgespeicherten und dazu noch dokumentierten Einstellungen des Digitalpults dürften auch die nächsten Konzerte stressfrei und wieder ein voller Erfolg werden …
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